piwik no script img

Holocaust-Opfer wollen Deutsche Bank stoppen

■ Rückschlag bei Fusion mit US-Großbank: Genehmigung abhängig von Einlenken bei Entschädigungen? Ähnliche Argumentation führte bei Schweizer Banken zum Erfolg

Berlin/New York (taz/dpa) – New Yorks Finanzchef hat einen Aufschub der Genehmigungsverfahren für die geplante Fusion der Deutschen Bank mit dem amerikanischen Unternehmen Bankers Trust gefordert, bis das deutsche Kreditinstitut die Forderungen von Holocaust-Opfern erfüllt hat.

Alan G. Hevesi, der auch führend an der Kampagne gegen Schweizer Banken beteiligt war, äußerte sich am Montag in einem Interview der Wirtschaftsagentur Bloomberg: „Wenn Banken und finanzielle Institutionen an der globalen Wirtschaft teilhaben wollen, müssen sie globale Werte akzeptieren, und dazu gehört die Entschädigung für die Opfer des Holocaust.“ Holocaust-Opfer beschuldigen die Deutsche Bank, Guthaben eingezogen zu haben. Außerdem habe die Bank Profite aus der Zusammenarbeit mit Unternehmen gezogen, die Zwangsarbeiter beschäftigten.

Die Deutsche Bank wollte gestern keinen Kommentar zur Gefahr einer Verzögerung ihres Milliardendeals abgeben. Es hieß lediglich, daß Gespräche mit dem Jüdischen Weltkongreß geführt würden.

Hevesi hatte mit seinen hartnäckigen Boykottdrohungen gegen die Schweizer Banken wesentlich dazu beigetragen, daß sie sich schließlich in einem Vergleich zur Zahlung von 1,25 Milliarden Dollar verpflichteten. Wenn die Deutsche Bank Bankers Trust kaufen könnte, würde die größte Bank der Welt entstehen. Dem müssen neben den Kartellbehörden auch der US-Notenbankchef Alan Greenspan und das New York State Banking Department zustimmen.

Hevesi ist daher offiziell nicht zuständig für die Fusion. Das war er jedoch auch im Fall des Zusammenschlusses zweier Schweizer Banken zur Union Bank of Switzerland (UBS) nicht. Trotzdem hatte das vom New Yorker Gouverneur eingesetzte Banking Department die UBS-Genehmigung mehrere Monate verzögert. Es wartete auf eine Zusicherung des Jüdischen Weltkongresses, daß die Schweizer und die Holocaust-Opfer eine Einigung erzielen würden. Der Vorsitzende des Weltkongresses, Edgar Bronfman, ließ gestern offen, ob seine Organisation offen gegen die Fusion vorgehen werde.

In der Financial Times sagte gestern der Washingtoner Anwalt Michael Hausfeld, er sei optimistisch, daß man sich mit der Deutschen Bank innerhalb von sechs Monaten einigen könne. Hausfeld spielte auch eine wichtige Rolle beim US-Gerichtsverfahren gegen die Schweizer Geldhäuser. Laut Hausfeld wäre eine Serie von Konferenzen in Europa nötig, die auch die Themen Zwangsarbeit und Versicherungen behandeln müßten. rem/kpk

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen