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Peppige Kruzifixe

Eine Schaufensterdekoration in der Innenstadt sorgt für Aufregung: Denn was haben christliche Symbole mit Mode zu tun?  ■ Von Eberhard Spohd

Zur Weihnachtszeit genügt es, zwei bemooste Balken kreuzweise übereinander zu nageln, um Aufsehen zu errregen. Zumal, wenn man das christliche Symbol mit Neonröhren verziert und eine Muttergottes mit Jesukind auf dem Arm dazuhängt. Diese Erfahrung mußte Gerrit Lehmann machen, der für die Dekoration in einem Modegeschäft am Neuen Wall verantwortlich ist: „Da kam ein Katholik zu uns herein und wollte uns glauben machen, daß das Kreuz ein geschütztes Zeichen sei und er uns verklagen wolle.“ Seine Mutter, die mit ihm zusammen den Laden führt, ergänzt: „Das kann aber auch ein Lehrer gewesen sein.“

Als Lehmann die zwei Kruzifixe als Dekoration in sein Schaufenster stellte, hätte er sich nicht träumen lassen, damit Anstoß zu erregen. Dabei wollte er doch nur „Weihnachten ein wenig ironisieren. Wenn Jesus auf Tassen und T-Shirts gedruckt wird, muß es auch möglich sein, sich mit ihm in der Öffentlichkeit auseinanderzusetzen.“ Zur Irritation habe aber sicher auch beigetragen, daß das Geschäft Tempel heißt. Daß die christliche Dekoration jetzt mit einer heidnischen Kultstätte in Verbindung gebracht werde, findet er zumindest „interessant“.

Hartwig Plath von der Handelskammer Hamburg kann die Aufregung auch nicht verstehen: „Ach herrje! Und an so etwas nimmt man in Hamburg Anstoß?“ Ihm sei nichts darüber bekannt, daß sich schon andere Geschäfte beschwert hätten. Und tatsächlich findet man sowohl im benachbarten Möbelhaus als auch in der gegenüber angesiedelten Boutique keine Kritiker der inkriminierten Schaufenster. Im Gegenteil: „Das ist doch ganz gut, wenn jemand einmal etwas Peppiges ausprobiert.“

Auch von Kirchenseite will man sich nicht so recht beklagen. Erst einmal müsse man sich die Kreuze anschauen. Inzwischen werde mit christlicher Symbolik soviel Schindluder getrieben, daß man den geschilderten Fall für eher harmlos halte. Dies sei jedoch eine persönliche Meinung, so ein Mitarbeiter der katholischen Kirche Hamburg, darum wolle er damit auch nicht zitiert werden.

Lehmann selbst rechnet nicht damit, Ärger zu bekommen. Daß sich die Passanten an seinen Kreuzen reiben, findet er positiv: „Wir wollen schließlich keine Konfrontation, sondern die Leute mit etwas Neuem konfrontieren.“ Auch wenn nicht ganz klar ist, wer sich an der Dekoration nun eigentlich stört.

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