: Kein Todesschuß mit den Genossen
■ SPD-Landesausschuß spricht sich einstimmig gegen die derzeit von der Großen Koalition geplante Verschärfung des Landespolizeigesetzes aus: Keine Schleierfahndung, kein Todesschuß
In der Berliner SPD regt sich Widerstand gegen den innenpolitischen Kurs der eigenen Fraktion im Abgeordnetenhaus. Am Montag abend beschloß der SPD-Landesausschuß – das höchste Gremium zwischen den Parteitagen – eine Aufforderung an die Fraktion, eine Verschärfung des Polizeigesetzes (ASOG) abzulehnen.
Auf Antrag des Landesvorstandsmitglieds Matthias Linnekugel beschloß der Ausschuß einstimmig folgende Aufforderung: Keine Zustimmung zu einer Ergänzung des ASOG, „die die Ausweitung der Möglichkeiten verdachtsunabhängiger Kontrollen (Schleierfahndung) vorsieht“. Und auch keine Änderung des ASOG oder des dazugehörigen Gesetzes über die Ausübung von polizeilichen Zwangsmaßnahmen (UZwG), „die die Möglichkeit des gezielten Todesschusses (finaler Rettungsschuß) eröffnet“.
Darüber hinaus soll die Fraktion eine Änderung des ASOG initiieren, die die polizeilichen Befugnisse vielmehr einschränkt: Künftig sollte die Ausweisung sogenannter gefährlicher Orte (an denen die Polizei bereits ausgeweitete Kontrollbefugnis hat) durch eine Rechtsverordnung vorgenommen werden. Damit müßte der Innensenator diese Orte öffentlich bekanntgeben.
Mit dem deutlichen Stoppsignal will die Partei auf ihre Fraktion Einfluß nehmen. „Die Berliner SPD will mit diesem Beschluß ihre Position zu den derzeit diskutierten innenpolitischen Vorschlägen eindeutig darlegen“, sagte dazu gestern SPD-Geschäftsführer Norbert Meisner. Eine gesetzliche Regelung des Todesschusses hatten bereits Justizsenator Erhart Körting und Fraktionschef Klaus Böger abgelehnt. Den verdachtsunabhängigen Kontrollen hatte innerhalb der SPD bislang niemand öffentlich entgegengesteuert.
Seit mehreren Wochen verhandeln die Koalitionspartner CDU und SPD über die Verschärfung des ASOG. Seit Jahren dringt die CDU auf verdachtsunabhängige Kontrollen. Nach einer Geiselnahme am Kottbusser Tor Ende Oktober hat die CDUhr auch den sogenannten finalen Rettungsschuß wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Auf verdachtsunabhängige Kontrollen, die allerdings nur lagebedingt durchgeführt werden dürften, haben sich die SPD- FraktionsinnenpolitikerInnen bereits mit der CDU geeinigt. Beim Todesschuß bestehen CDU-Innensenator Werthebach und seine Partei auf eine gesetzliche Regelung, die SPD-Fraktion denkt an einer Regelung unterhalb der gesetzlichen Ebene. Barbara Junge
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen