Briten heizen Kohlestreit in der EU an

Britischer Kohleproduzent klagt gegen deutsche Subventionen, weil er sich benachteiligt fühlt. Bundesregierung und deutsche Erzeuger sind von Rechtmäßigkeit der Beihilfen überzeugt  ■ Von Kathrin Gerewitz und Ralf Sotscheck

Berlin/Dublin (taz) – Ohne Frage, das Thema ist heikel und wurde auch in Deutschland lange Zeit heftig diskutiert. Seit dem Kohlekompromiß vom März 1997 ist der Streit aber beigelegt. Die Subventionen für Steinkohle werden bis zum Jahr 2005 weitergeführt, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Dafür müssen jährlich fast 7.000 Kohlekumpel ihren Arbeitsplatz räumen, die Fördermenge an Steinkohle wird um mehr als 10 Millionen auf 30 Millionen Tonnen reduziert. Was nach 2005 passiert, ist noch ungewiß.

Nun wird allerdings Protest von außen laut. Der britische Kohleproduzent RJB Mining will ein sofortiges Verbot der deutschen Kohlebeihilfen erreichen. RJB hat beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg Klage gegen die Europäische Kommission eingereicht, die die deutschen Kohlesubventionen jedes Jahr genehmigt. Nach Meinung der Briten leistet die EU- Kommission damit Beihilfe zur Wettbewerbsverzerrung, England werde eindeutig benachteiligt. Noch geht es um technische Details, mit einem Urteil ist so schnell nicht zu rechnen.

RJB Mining ist in Großbritannien nicht irgendwer. Das Unternehmen beschäftigt rund 7.500 Bergleute und produziert mehr als vier Fünftel der britischen Kohle, die im Untertagebau gefördert wird. Im vergangenen Jahr lieferte RJB 26 Millionen Tonnen Kohle an die Stromanbieter, in diesem Jahr ist es nur noch die Hälfte dieser Menge. Dementsprechend sinken die Gewinne: Während der Kohleproduzent 1997 noch 180 Millionen Pfund Profit machte, sind es dieses Jahr nur noch 50 bis 60 Millionen.

So stark der Kläger auch ist, in Deutschland hat niemand wirklich Angst vor dem Ausgang des Verfahrens in Luxemburg. Der Gesamtverband des deutschen Steinkohlebergbaus (GVSt) hält ein Verbot der deutschen Subventionen für äußerst unwahrscheinlich. „Die Probleme der Briten sind hausgemacht“, sagt Verbandssprecher Günter Dach. „Selbst ein Ende der deutschen Beihilfen könnte ihnen nicht weiterhelfen.“ Die Bundesregierung sieht das ähnlich. Sie hat sich mittlerweile als Streithelfer einer Klageerwiderung der EU-Kommission angeschlossen.

„Die britische Kohle ist einfach zu teuer“, sagt Dach. Der Preis für eine Tonne liege um 50 Prozent über dem, was andere Produzenten fordern. „Das läßt sich auch nicht durch die Qualität rechtfertigen.“ Die wird nämlich international als eher schlecht eingestuft: Zuviel Chlor und Wasser in der Kohle, zu geringer Heizwert. Allein deshalb sei es unrealistisch, wenn die Briten glaubten, eine Verteuerung der deutschen Kohle heize die Nachfrage nach Britenbriketts an. Weltweit herrsche eine derartige Überproduktion, daß dies auch anders ausgeglichen werden könne.

Gleichzeitig weist Dach darauf hin, daß die britische Kohlewirtschaft im Zuge ihrer Privatisierung sämtliche Altschulden losgeworden sei. Das könne man auch als „Quasi-Subvention“ in Milliardenhöhe begreifen. Für den deutschen Steinkohlebergbau hätte ein Ende der jährlichen Finanzspritzen katastrophale Folgen. „Man darf sich gar nicht vorstellen, was das bedeuten würde“, so der Steinkohle- Gesamtverband. Die Bundesregierung spricht gar vom „Ende der Existenz eines gesamten Berufsstandes“. Mehr als 75.000 Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel.

In Großbritannien sind in diesem Jahrzehnt 48 Bergwerke stillgelegt worden, 50.000 Jobs gingen verloren. Mittelfristig scheint die Zukunft der übrigen Bergwerke jedoch gesichert. Die Labour-Regierung hat sich dafür entschieden, die Kohle auf Kosten von Gas durch gesetzliche Vorgaben an die Stromanbieter zu stützen.