: ÄkÜ wie Kommunikationsproblem
Res Bosshart bleibt Kampnagel-Intendant bis 2001, dann gibt es „neue Strukturen für die Kulturfabrik“. Die Kulturbehörde ist glücklich, die Festivals sind empört ■ Von Christiane Kühl
Sie begann ganz harmlos, aber später nahm die gestrige Pressekonferenz der Kulturbehörde zur „Strukturreform Kampnagel 2001“ ganz ungewöhnlich laute und lebhafte Züge an. „Auf Wunsch der Kulturbehörde hat Kampnagel-Leiter Res Bosshart sich bereit erklärt, den Betrieb bis zum 31. Juli 2001 weiterzuführen. Der Aufsichtsrat hat diesen Beschluß in seiner heutigen Sitzung bestätigt“, verlautete Behördensprecher Ingo Mix zur Begrüßung. Daß dies nicht auf die Wahrung der momentanen Zustände abziehlt, sondern der Vorbereitung eines radikalen Neubeginns dient, war allen Anwesenden klar. Schließlich waren bereits in den letzten Tagen viele Informationen über entscheidende Veränderungen bekannt geworden (taz berichtete). Diese Tröpfelinformationspolitik war Kultursenatorin Christina Weiss offensichtlich unangenehm; wiederholt entschuldigte sie sich für das „Kommunikationsproblem“.
Überhaupt konnte man den Eindruck erhalten, daß Kommunikationsprobleme keinen geringen Einfluß auf das Schicksal der Kulturfabrik haben. Am Dienstag waren Dieter Jaenicke und Gabi Naumann informiert worden, daß das von ihnen seit 12 Jahren geleitete Internationale Sommertheater ab 2001 Kampnagel unterstellt sei; die Leiterinnen des Festivals der Frauen, Irmgard Schleier und Isabella Vértes-Schütter, haben von der Abschaffung der Hammoniale überhaupt erst aus der Zeitung erfahren. „Ganz schlechten Stil“ nannte Marilen Andrist, Pressesprecherin der Hammoniale, dies; Schleier sprach von „politischer Trickserei“. Besonders monierten die beiden , wie auch Carmen Mehnert vom Sommertheater, zu keinem Zeitpunkt in die Debatte um die Umstrukturierung Kampnagels einbezogen gewesen zu sein.
Das Kommunikationsproblem nämlich liegt tiefer; es begleitet nicht nur die momentane Auseinandersetzung, sondern geht ihr voraus. Besonders das schlechte Verhältnis zwischen Dieter Jaenicke und Res Bosshart hat eine vernünftige Zusammenlegung gewisser struktureller und organisatorischer Abläufe in den letzten Jahren unmöglich gemacht. Um zu prüfen, „wo Reibungen sind“ bzw. vermeidbar sind, hatte die Kulturbehörde im Sommer eine Konzeptkommission eingesetzt. Ihre betriebswirtschaftliche Analyse ergab, daß sich 600.000 Mark sparen ließen, wenn die drei parallel arbeitenden Apparate zusammengelegt werden würden. Die beschlossene Einsetzung eines Generalintendanten, der in Zukunft die künstlerische Leitung des Sommertheaters für drei oder fünf Jahre berufen wird und eine angemessene Präsenz von Künstlerinnen als „Fakt im Zielbild“ der Kulturfabrik garantieren soll, mag ökonomisch sinnvoll sein – künstlerisch und aus der Geschichte der eigenständigen Festivals heraus ist sie es nicht.
Dies gilt besonders für das Frauenfestival. Diese erste internationale Künstlerinnen-Biennale Europas wurde vor 13 Jahren von einer Initiative Hamburger Künstlerinnen gegründet, die in Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen an verschiedenen Orten Veranstaltungen präsentierten. Nach Kampnagel kam die Hammoniale erst 1990 – auf Wunsch der Kulturbehörde, um eine bessere Auslastung der Hallen zu garantieren, die von Kampnagel mit weniger als 6 Millionen Mark Subventionen nicht geleistet werden kann. Daß dieses aus Eigeninitiative entstandene und bis heute teilweise über ehrenamtliche Mitarbeit und Gagenverzicht finanzierte Festival nun von oben aufgelöst wurde und die Subvention von jährlich 500.000 Mark „zweckgebunden“ an Kampnagel geht, nannte Schleier in einer aufgebrachten Rede eine „perverse Situation“. Sie unterstellte Christina Weiss, sich von Res Bosshart erpressen zu lassen. „Und nun kaschieren Sie das mit so einer Arie, mit so viel Personal, so vielen Sitzungen – da müßte man mal in Ihrer Behörde streichen.“
Die Kultursenatorin wies den Vorwurf selbstverständlich weit von sich. Die neue Leitungsstruktur diene einzig der Stärkung Kampnagels, das „ein moderner Theaterbetrieb mit einheitlichem Profil“ werden solle. Res Bosshart nennt dies „einen Schritt in die richtige Richtung“. „Kampnagel wird endgültig erwachsen“, heißt es in der begleitenden staatlichen Presseerklärung – ganz so, als seien dort bis dato nur Sandburgen gebaut worden.
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