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■ Jelzin und Lukaschenko wollen (weiß-)russische WiedervereinigungEine panslawistische Farce

Gemeinsam sind wir stark – lautet die Botschaft des weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko schon seit Jahren unverdrossen. Wenn sich zwei Invaliden mit dem Ziel gemeinsamer Interessenvertretung vereinigen, legen sie das Fundament eines perspektivisch womöglich einflußreichen Invalidenverbandes.

In Belarus, dem letzten Reservat des Neuen Sowjetmenschen, sieht Volkstribun und Hypnotiseur Lukaschenko die Dinge anders. Die angestrebte Reunion mit dem Nachbarn Rußland, so träumt der Machtmensch in Minsk, bringe das neue Staatswesen zurück in die Liga der Schwergewichte. Zudem sei die Rolle eines internationalen Outcasts, der Furcht einflößt, immer noch erstrebenswerter als die eines ausgezehrten Champions, der in der Kreisklasse boxt. Das ist die einfache Logik des weißrussischen Bauernfängers. Die rührende Rhetorik aus der panslawistischen Mottenkiste, Krokodilstränen, vergossen im Schmerz über den Zerfall des Völkerparadieses UdSSR, sind lediglich Showeinlagen dieser Gauklertruppe, die mit wachsendem Erfolg auch die russische Provinz gezielt bereist. Lukaschenko buhlt in Moskau um die Erlaubnis zur freiwilligen Selbstunterwerfung. Die Zarenkrone gilt es an sich zu reißen.

Bei den Präsidentschaftswahlen 2000 will er unbedingt das Rennen machen. Bisher versandeten alle Avancen noch vor den Toren des Kreml. Feierliche Schwüre, theatralische Unterzeichnungen von Einigungsverträgen, Küsse und salbungsvolle Toasts haben die bilateralen Beziehungen in den letzten Jahren en masse geboten. In der Praxis tat sich nichts.

Auch der neuerliche Vorstoß, der sogar ein Einigungsreferendum vorsieht, wird zunächst folgenlos bleiben. Dennoch ist der Moment gut gewählt. Lukaschenkos Anliegen stößt auf mehr Gehör, nachdem die liberaleren Kräfte die politische Szene verlassen haben und antiwestlich-isolationistische Ideen populär geworden sind. Auch Premier Primakow, ein Geopolitiker alten Schlages, hat gegen die Einverleibung des weißrussischen Korridors nichts einzuwenden. Die Frage ist nur: Zu welchen Bedingungen?

Und praktisch wird es schwierig. Selbst die rot- braune Opposition aus Nationalisten und Kommunisten, glühende Anhänger des Modells Lukaschenko, wird den entscheidenden Schritt nicht wagen. Sollte der im bäuerlichen Milieu populäre Staatschef an den russischen Wahlen teilnehmen, würde er unweigerlich in ihrem Wählerreservoir wildern. So tief reicht die Bruderliebe dann doch nicht. Fazit: viel Lärm um nichts. Klaus-Helge Donath

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