: Betr.: SPD-Urwahl Klaus Böger - Walter Momper
Akribisch wie ein Buchhalter zog Kandidat Klaus Böger gestern Zwischenbilanz: 30 Personen arbeiten in seinem Urwahlkampf-Team, 500 Rückantworten gingen nach der Versendung von Bögers Brief an die 22.000 SPD-Mitglieder ein, 1.047 Genossen haben schriftlich erklärt, daß sie ihn gerne als Spitzenkandidat sähen – Posteingang Dienstag morgen, ergänzte Böger, denn Böger ist stets präzise.
20 Tage sind es noch bis zum Urnengang der 22.000 SPD- Mitglieder. Am 17. Januar wird feststehen, wer die SPD in die Abgeordnetenhauswahl am 10. Oktober 1999 führt: der frühere Regierende Bürgermeister Walter Momper oder SPD- Fraktionschef Klaus Böger.
Im kargen Wahlkampfbüro der Böger-Kampagne in Kreuzberg sitzt Böger unter einem Ölgemälde vom Potsdamer Platz: die rote Info-Box inmitten von Baukränen. Er sei „voller Optimismus“, daß er die Urwahl gewinnen werde. Sein Berater, der Neuköllner Kreisvorsitzende Klaus Bielka, legt nach: „Die SPD wird nur mit Klaus Böger gewinnen.“ Bielka beruft sich auf eine Forsa-Umfrage, bei der Böger in der Beliebtheitsskala mit Diepgen gleichziehen und Momper weit hinter sich zurücklassen konnte. „Wandel und Kontinuität“ will Böger verkörpern. Ein passendes Motto angesichts seines Dilemmas, als Architekt der Großen Koalition im Wahlkampf den Ausstieg aus derselben zu propagieren.
Auf diese Schwachstelle zielte gestern auch Walter Momper: „Ich will nicht eine Fortsetzung der Großen Koalition mit rot-grünen Mitteln, sondern eine rot-grüne Reformkoalition“, versuchte er sich von Böger abzusetzen. Als zentrales Vorhaben nannte Momper einen erneuten Anlauf zur Fusion von Berlin und Brandenburg. Der Diskussionsprozeß werde drei oder vier Jahre brauchen, vielleicht auch länger, so Momper. Böger hatte eine zweiseitige Liste prominenter SPD-Unterstützer verteilt, Momper holte sich Schützenhilfe vom Brandenburger Landrat Burkhard Schröder und dem Bürgermeister von Falkensee, Jürgen Bigalke. Beide waren 1995 noch gegen die Fusion, weil im Staatsvertrag Brandenburger Interessen zu kurz gekommen seien. Momper hingegen sei ein „Hoffnungsfigur“ – auch für die Brandenburger. Dorothee Winden
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