: Perschau zufrieden mit der Koalition
■ CDU-Duo Perschau/Neumeyer stellte Wahlprogramm vor / Wahlkampf nicht gegen Scherf, sondern gegen „Rot-grün“
Wenn es nach der Bremer CDU geht, wären die Bürgerschaftswahlen im Juni verzichtbar. Hartmut Perschau, Spitzenkandidat und Bürgermeister, lobte gestern die Zusammenarbeit mit der Bremer SPD in den harmonischsten Farben: „Die große Koalition arbeitet hervorragend“, formulierte er, und er sei „zufrieden mit dem Teil, den die CDU“ durchgesetzt hat. Auch seine Zusammenarbeit mit dem SPD-Spitzenmann Henning Scherf sei „hervorragend“. Perschau gestand: „Ich habe das vorher nicht vermutet.“ Und so gut ist die Zusammenarbeit, daß Perschau gegen Scherf gar keinen Wahlkampf machen will: „Es geht nicht um die Frage, ob ich für Scherf oder für Perschau bin.“
Wahlkampf-Slogan der CDU soll deshalb sein: „Die Alternative zur CDU ist Rot-Grün.“ Die Grünen seien die Gestrigen, die Wachstumsgegner, die ihren Ideen von vor zehn Jahren anhängen und „alt und grau“ geworden seien. Die rot-grüne Alternative zur Wachstumspolitik sei der „Ausstieg aus dem Bundesland Bremen“.
Zum ersten Mal in seiner Jahrzehnte währenden Rolle als Chef der Bremer CDU war Bernd Neumann gestern nicht dabei, als das Wahlprogramm der Partei auf einer Pressekonferenz vorgestellt wurde. Perschau erwähnte auch nur die vier Senatoren und den Fraktionsvorsitzenden Ronald-Mike Neuemyer, als er über die tragenden Kräfte im Wahlkampf sprach. Mit ihm und Neumeyer seien doch „die beiden zuständigen Leute“ für den Wahlkampf auf der Pressekonferenz, meinte Perschau auf die Nachfrage nach diesem auffallenden Umstand. Und er verglich die Rolle von Neumann im Wahlkampf mit der des SPD-Landesvorsitzenden Detlev Albers in der SPD: „Wer glaubt, daß in der SPD der Wahlkampf von Herrn Albers geführt wird, der ... mag das glauben.“
Die CDU will weiterregieren wie bisher. Auf die Frage, was er gern anders machen würde, wenn die CDU nach dem 6. Juni 1999 stärkste Partei wäre, erinnerte Perschau zunächst daran, daß die Senatspolitik schon eine „starke CDU-Handschrift“ trage. Mehr CDU-Handschrift wünscht Perschau sich nur gegen die Verbandsklage-Möglichkeit im Naturschutz-Gesetz, („die stört mich“), gegen die „Sogwirkung Bremens im Bereich der Migranten“ und in der Flächenpolitik: Unter den Großstädten mit 500.000 Einwohnern habe Bremen mit Abstand die größten Grünflächen und die niedrigste Einwohnerdichte. Wer Wachstum wolle, müsse aber Bauland und Industrie- und Gewerbe-land zur Verfügung stellen.
Mit den nun im Bundeshaushalt berücksichtigten 7,7 Milliarden Mark, mit denen die Sanierungsphase bis zum Jahre 2004 verlängert werden kann, müsse Bremen wirklich „aus dem Keller der Altschulden heraus“, sagte Perschau. Ziel sei es, nach dem Jahre 2004 eine Zins-Steuer-Quote von 17 Prozent und damit das Schlußlicht der Bundesländer-Skala zu erreichen. Derzeit liegt Bremen über 25 Prozent. Allerdings habe der Landeshaushalt derzeit noch, wie Perschau einräumte, ein „strukturelles Defizit“ von ca. 1,4 Milliarden Mark pro Jahr. Das heißt: Die 7,7 Milliarden decken rechnerisch wenig mehr als dieses Defizit ab. Auch in der letzten Sanierungsphase von 1995-1998 war mit den Bonner Milliarden ein Abbau des Schuldenberges nicht gelungen.
Wenn im Jahre 2005 „nur“ noch 17 Prozent des Etats für den Schuldendienst abgehen sollen, müßte der Schuldenberg bis dahin um ca. 30 Prozent reduziert werden – das würde eine Milliarde Schuldentilgung pro Jahr bedeuten. Selbst wenn, wie Perschau ankündigte, „wir unsere konsumtiven Ausgaben stärker reduzieren müssen als andere Länder“, ist das nicht realistisch. Perschau setzt daher, ohne es genauer zu beziffern, auf das Wachstum der Steuereinnahmen. Daß es die aufgrund des Sonder-Investitionsprogramms und deutlich steigender Einwohnerzahlen geben müsse, sagt das Finanzressort seit einiger Zeit nicht mehr – die Zahlen sinken nämlich in der Realität, auch im Jahre 1998.
Mit welchen Wachstumsraten die CDU in der kommenden Legislaturperiode „unsere Finanzen in Ordnung gebracht haben“ will, bleibt trotz des Versprechens im CDU-Wahlprogramm offen. K.W.
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