: Skinhead-Überfall auf Vietnamesen aufgeklärt
■ Zwanzigjähriger gestand die Tat in Hellersdorf und zwanzig weitere rechtsradikale Straftaten. Vier weitere Jugendliche aus Marzahn und Hellersdorf sind dagegen wieder auf freiem Fuß
Der rechtsextremistisch motivierte Überfall auf einen Vietnamesen in Hellersdorf ist aufgeklärt. Wie die Polizei mitteilte, seien aufgrund von Zeugenaussagen bereits fünf Stunden nach der Tat fünf Verdächtige festgenommen worden. Einer von ihnen, der 20jährige Marco H. aus Hellersdorf, war geständig. Er bleibt vorerst in Untersuchungshaft.
Während der Vernehmungen hatte H. 20 weitere ausländerfeindliche Taten in den vergangenen Monaten gestanden. Für die Staatsanwaltschaft kam dieses Geständnis überraschend. „Marco H. ist bisher weder bei der Polizei noch bei Gericht aufgefallen“, sagte Justizpressesprecher Matthias Rebentisch zur taz. Zwar ermittelt die Staatsanwaltschaft auch in diese Richtung. Da die Opfer damals wohl aus Angst vor weiterer Gewalt keine Anzeige erstatteten hätten, sei eine Klärung schwierig, sagte Rebentisch.
Bei seinem vorerst letzten Überfall am Freitag hatten Marco H. und vier weitere Skinheads vor einem Einkaufsmarkt in der Louis- Lewin-Straße einen Vietnamesen bedroht und Zigaretten von ihm gefordert. Der 35jährige flüchtete sich nach Angaben der Polizei in den Einkaufsmarkt, in der Hoffnung, vor Zeugen werde man ihn nicht angreifen. Als er nach einiger Zeit das Geschäft wieder verließ, hätten die Angreifer bereits auf ihn gewartet. Erneut sei er in den Markt geflohen, doch diesmal seien ihm die fünf Skinheads gefolgt.
Einer der Glatzköpfe habe den Vietnamesen daraufhin zu Boden gestoßen. Dieser sei aber wieder auf die Beine gekommen und habe sich verteidigt. Mit einer Bierflasche, deren Hals er abgeschlagen hatte, habe er versuchte, die Angreifer auf Distanz zu halten, allerdings vergeblich. Mindestens zwei Skinheads haben Gummiknüppel gezogen und auf das Opfer eingeprügelt.
Schließlich, so die Polizei, habe der Mann am Boden gelegen, worauf die Täter auf ihn eingetreten hätten. Als er trotzdem noch einmal aufstehen konnte, habe ihn ein Messerstich des Haupttäters Marco H. in den rechten Lungenflügel getroffen. Zwar beobachteten nach Angaben der Justiz Zeugen das Geschehen. Eingegriffen, um dem Vietnamesen zu helfen, habe aber niemand.
Nach der Tat mußte das Opfer ins Krankenhaus eingeliefert werden. Laut Polizei sind die Verletzungen des Vietnamesen zwar schwer, aber nicht lebensgefährlich. Die vier neben Marco H. Beschuldigten, allesamt Jugendliche aus Hellersdorf und Marzahn, wurden am Samstag vorerst wieder aus der Haft entlassen. Gegen Marco H. und seine mutmaßlichen Mittäter ermittelt die Justiz jetzt wegen gemeinschaftlich begangenen versuchten schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung. Ilja Weitzel
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