Rainer Hildebrandt setzt sich zur Wehr

■ Der Leiter des Mauermuseums wehrt sich gegen die anonymen Vorwürfe der persönlichen Bereicherung. Trägerverein befaßt sich heute auf der Vorstandssitzung mit den Beschuldigungen

Das Museum am Checkpoint Charlie kommt nicht zur Ruhe. In einer Pressekonferenz unter dem Titel „Wir dürfen nicht schweigen“ äußerte sich gestern der Leiter des Museums, Rainer Hildebrandt, zu den Vorwürfen, die ein anonymes „Autorenkollektiv Besenrein“ in einem 150seitigen Dossier erhebt. Darin wird unter dem Titel „Aktuelle Reinigungsprozesse im Haus am Checkpoint Charlie“ dem 84jährigen persönliche Bereicherung, Konzeptionslosigkeit und Zweckentfremdung von Lotto- Geldern vorgeworfen.

„Es ist grotesk, mir Unkorrektheiten vorzuwerfen“, sagte Hildebrandt. „Bei allen Verleumdungen“, werde ein Sachverhalt „verheimlicht“. So habe er für das Museum Bücher in einer Gesamtauflage „von mindestens 1.958.000“ geschrieben, die dem Museum einen Reinerlös von sieben Millionen Mark erbracht hätten. Weil er keinerlei Autorenhonorar bekommen habe, sei im Einverständnis mit dem Vorstand ein Verrechnungskonto eingerichtet worden. In der Tat beschloß der Vorstand 1995, an Hildebrandt 200.000 Mark in Monatsraten auf ein Verrechnungskonto zu zahlen. Im gleichen Jahr heiratete Rainer Hildebrandt seine 46 Jahre jüngere russische Ehefrau Alexandra, die sogleich als Assistentin in die Geschäftsführung gehievt wurde und die von vielen Seiten als knallharte Drahtzieherin hinter dem Museumsleiter gesehen wird. Rainer Hildebrandt sagte gestern, daß die gegen ihn erhobenen Vorwürfe geprüft werden. Federführend sollen dabei neben seiner Ehefrau zwei Vorstandsmitglieder des Vereins und der Kustos des Museums sein, die in dem anonymen Dossier ebenfalls belastet werden.

Mittlerweile vergeht kaum eine Woche, in der nicht ein neues anonymes Schreiben auftaucht. Einmal geht es um „Mafiastrukturen“ im Museum, ein anderes Mal wird Rainer Hildebrandt beschuldigt, den Tod eines jungen Mannes verschuldet zu haben, weil er für sein Museum ein Selbstschußgerät brauchte. Außerdem wird seine Frau beschuldigt, ihm Drogen zu verabreichen. Die Hildebrandts beklagen zudem die Zerstörung der Museumseingänge mit Sekundenkleber und Schreiben mit „unästhetischem“ Inhalt.

Begonnen hatte alles mit einem offenen Brief ehemaliger Mitarbeiter vom November vergangenen Jahres, in dem die Entlassungen von 12 Mitarbeitern als „inhuman“ bezeichnet wurden. Derzeit sind mehrere straf- und zivilrechtliche Verfahren anhängig. Zudem prüft die Berliner Lottostiftung, ob das Museum zu Unrecht Fördermittel erhalten hat. Der Umgang mit Kunstgegenständen war in die Kritik geraten, weil bei Versteigerungen zugunsten des Museums auch Werke aus Hildebrandts Privatbesitz veräußert wurden. Als gemeinnützigem Verein ist es dem Museum jedoch nicht erlaubt, Einnahmen aus gewerblicher Tätigkeit zu erzielen.

Heute wird sich der Vorstand des Trägervereins „Arbeitsgemeinschaft 13. August“ auf einer Mitgliederversammlung mit den Vorwürfen gegen Hildebrandt befassen. Des weiteren soll der Vorstand von drei auf fünf Mitglieder erweitert werden. Zu geforderten personellen Veränderungen im Vorstand sagte Rainer Hildebrandt gestern, daß er 2000, „wenn alles gesichert ist“, seinen Posten abgeben werde an jemanden, „der das mit meiner Frau zusammen macht“. Barbara Bollwahn de Paez Casanova