"Es schadet, wie Stoiber zu reden"

■ Die CDU-Unterschriftenkampagne gegen den Doppelpaß war schlecht eingefädelt, meint der Marketingprofi Thomas Heilmann. Den Sozialdemokraten rät er, Gesprächsbereitschaft zu signalisieren

Thomas Heilmann ist Geschäftsführer der Berliner Agentur Scholz & Friends.

taz: Aus der Sicht eines Marketing-Profis: Läuft die Kampagne erfolgreich?

Thomas Heilmann: So, wie die CDU ihre Kampagne begonnen hat, verdient sie dafür eine Sechs minus – klassischer kann ein Fehlstart nicht laufen. Es war ein schwerer taktischer und inhaltlicher Fehler, mit Ausländerfeinden verwechselbar zu werden. Wenn die CDU bei der Formulierung nicht so hart umgesteuert hätte, dann wäre es ganz übel für die Partei ausgegangen. Inzwischen hat sie einen sehr guten Text vorgelegt, der ganz anders ist als der Tenor, den Stoiber da zu Anfang gefordert hatte. Jetzt scheint es ja so zu sein, daß wesentlich mehr Leute unterschreiben als gedacht.

Die CDU wettert gegen den Doppelpaß – und bekennt sich zur Integration. Was heißt es für eine Kampagne, mit einer derart gemischten Botschaft anzutreten?

Die Antwort der CDU ist natürlich ein bißchen kompliziert. Das läßt sich aber darstellen – eine Steuerreform zu erklären ist viel komplizierter. Die Frage, wie gehe ich mit Ausländern um, deren Kinder mit meinen Kindern in die Schule gehen, ist viel anfaßbarer als die Frage, ob es wirklich arbeitsplatzfördernd ist, wenn man den Spitzensteuersatz herabsetzt. Das geht über die persönliche Erfahrungswelt der Leute hinaus.

Seit der verlorenen Bundestagswahl will sich die CDU verstärkt als moderne Volkspartei der Mitte präsentieren. Bescheren ihr die rechten Trittbrettfahrer von Reps bis DVU ein Image-Problem?

Republikaner und DVU sind so unbedeutend in Deutschland, daß es ziemlich egal ist, was sie sagen. Ein Problem hat die CDU, weil sich die katholische Kirche in Bayern distanziert hat.

Stört der Zwist in der CDU die Außenwirkung der Aktion?

Eine automatische doppelte Staatsbürgerschaft lehnt die CDU einhellig ab. Die CDU war sich überhaupt nicht einig, ob man in Stoiber-Manier über das Thema Ausländer reden soll. Das schadet – es schadet, so zu reden, und es schadet, sich uneinig zu zeigen.

In vielen Bürgerinitiativen formiert sich derzeit Widerstand gegen die Aktion der Union. Welchen Effekt können Gegenkampagnen erzielen?

Das hilft meist der Erstkampagne. Wenn Sie einen Slogan für ein Auto machen und der Konkurrent greift ihn auf, dann können Sie die Sektkorken knallen lassen. Damit ist Ihr Thema das zentrale der Auseinandersetzung geworden.

Was würden Sie den Gegnern der CDU-Aktion raten?

Taktisch gesehen wäre es richtig, der Aktion ein Stück weit nachzugeben und damit der CDU den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Das wäre ja eine Forderung an den Bundeskanzler. Da würde Ihnen Schröder sagen, das geht wegen der Grünen nicht. Geben Sie ihm mal einen Tip, wie er ohne Positionswechsel die CDU-Aktion kontern kann.

Es muß im Interesse der SPD sein, daß die Debatte sich entschärft. Schließlich ist die doppelte Staatsbürgerschaft auch im traditionellen Arbeitermilieu der SPD umstritten. Was Schröder gut kann, ist, mit Symbolen zu operieren. Schon ein Vorstoß, Herrn Schäuble zu einem Konsensgespräch einzuladen, würde mit dem entsprechenden Fernsehbild dazu führen, daß die Bevölkerung das Gefühl bekommt: „Okay, die haben zugehört und machen das jetzt.“ Den Gesetzestext liest eh keiner.

Was ist mit der klassischen Kohl-Methode, den Konflikt auszusitzen?

Das ist dann richtig, wenn man glaubt, am Ende des Tages recht zu behalten. Beispiel Euro und Kohl. Dafür wird er jetzt gefeiert, obwohl er den Euro damals gegen lauter Widerstände durchsetzen mußte. Aussitzen hat Kohl aber häufig auch geschadet, weil er dadurch als nicht lösungsfähig galt. Aussitzen ist sicher kein Generalkonzept.

Die Union hat sich bisher nicht festgelegt, wann sie die Kampagne als Erfolg wertet. Was ist Ihr Kriterium als Marketing-Mann?

Völlig egal. Es kommt darauf an, daß die eigenen Argumente richtig verstanden werden und sich in der öffentlichen Debatte durchsetzen. Interview: Patrik Schwarz