Israelisches Watergate

Beim zweiten Einbruch in das Büro der US-Beratungsfirma des israelischen Oppositionsführers Barak wurden wieder Wahlkampfunterlagen gestohlen  ■ Aus Jerusalem Georg Baltisssen

Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche sind unbekannte Diebe in der Nacht zu gestern in das Büro der Beraterfirma von Arbeitsparteichef Ehud Barak in Washington eingedrungen. Die Einbrecher setzten dabei das Alarmsystem, das Firmeninhaber Stanley Greenberg erst vergangene Woche hatte installieren lassen, außer Betrieb. Wie schon bei dem Einbruch vor einer Woche wurden ausschließlich Disketten und Unterlagen über Baraks Wahlkampf in Israel gestohlen. Bei ihrem ersten Einbruch hatten die Diebe auch noch die Portokasse mitgehen lassen.

Bislang tappt die Polizei völlig im Dunkeln. Wegen möglicher internationaler Verwicklungen wurde das FBI eingeschaltet. Obwohl vieles an den Watergate- Skandal der 70er Jahre erinnert, der zum Sturz von US-Präsident Nixon führte, halten sich Israels Parteien mit Spekulationen über mögliche Hintermänner der Einbrüche auffallend zurück. Obwohl angenommen werden darf, daß Baraks politische Gegner hinter den Einbrüchen stecken, wollte die Arbeitspartei vor Abschluß der Untersuchungen niemanden beschuldigen. Baraks Sprecherin, Aliza Goren, erklärte nur: „Wir haben volles Vertrauen in das FBI und erwarten, daß es seinen Job tut.“ Und sie fügte hinzu: „Wir haben keine Angst. Welche Unterlagen auch immer aus diesem Büro gestohlen wurden, dies ändert nichts an der Tatsache, daß die Regierung Netanjahu am Ende ist und die Wahlen verlieren wird.“

Die bislang gestohlenen Disketten enthalten im wesentlichen Vorbereitungen für neue Umfragen sowie bisherige Umfrageergebnisse, teilte die Beraterfirma in Washington mit. Barak hatte die Firma, die 1992 auch den Wahlkampf von US-Präsident Clinton betreute, erst vergangenen Monat angeheuert. Firmenchef Stanley Greenberg war eigens zu Konsultationen mit der Arbeitspartei nach Israel gereist. Ein Vertreter der Firma hatte noch nach dem ersten Einbruch erklärt, sie hätte keinen Grund anzunehmen, daß politische Gegner Baraks hinter dem Diebstahl stecken würden.

Doch nicht alle legten eine solche Zurückhaltung an den Tag. Ein Berater der Demokratischen Partei, dessen Büro an jene der Firma Greenberg angrenzt, sagte: „Es sind doch ganz offensichtlich die politischen Gegner Baraks, die nach Mitteln suchen, um ihren vermeintlichen politischen Vorsprung zu bewahren und Barak zu schaden.“ Die Sprecherin der Likud- Partei in Israel verwahrte sich deutlich gegen derartige Vorwürfe. „Das sieht doch ganz nach einer billigen Provokation von seiten unserer Rivalen aus“, erklärte sie. Die Absicht sei doch eindeutig, unbegründete Verdachtsmomente gegen den Likud zu streuen in einer Aktion, die man nur als das „Watergate des kleinen Mannes“ bezeichnen könne.

Solange es der US-Polizei nicht gelingt, der Diebe habhaft zu werden, werden die Spekulationen ins Kraut schießen. Die Tatsache, daß nur Unterlagen gestohlen wurden, die einen Bezug zu Baraks Wahlkampf haben, ist allerdings mehr als nur ein bloßer Anhaltspunkt. Weder Greenberg noch Barak wollten mitteilen, welche Daten sich genau auf den gestohlenen Disketten befanden. Dies nährte erneut das Gerücht, daß doch wesentlichere Informationen entwendet wurden. Das „israelische Watergate“ harrt der Aufklärung.