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Die Ärmsten der Armen im Rechnungshof-Visier

■ Sozialhilfeausgaben auf dem Prüfstand: Rechnungshof sieht Sparpotential von über 30 Millionen Mark / Sogwirkung durch Spitzen-Sozialleistungen?

In Zeiten riesiger Haushaltslöcher spürt der Rechnungshof gerade dort nach Geld, wo eigentlich kaum etwas zu holen ist – bei den über 50.000 SozialhilfeempfängerInnen der Stadt. Die Rechnungsprüfer durchforsteten erstmals Bremens Sozialhilfeausgaben. Das Ergebnis, das der taz schriftlich vorliegt: Im rund 350 Millionen Mark starken Sozialhilfeetat stecken über 30 Millionen Mark Sparpotential – wegen zu hoher Leistungen. Initiativen schlagen jetzt wegen befürchteter Kürzungen Alarm.

Die Prüfer kommen nämlich zu dem Fazit, „daß es in Bremen kein höheres Leistungsniveau als in anderen Städten geben darf“. Das höhere Niveau weisen sie akribisch nach: So hätten sich die Ausgaben für sog. einmalige Hilfen wie z.B. Kleidergeld seit 1990 „nahezu verdreifacht“. Andere Städte hätten auf solche Steigerungen längst reagiert und z.B. ihr Kleidergeld heruntergefahren. In Bremen dagegen hätte sich nichts getan – trotz Ergebnissen aus einem Städtevergleich, den Bremen mit anderen 14 Städten seit drei Jahren begleitet.

Der Rechnungshof fordert deshalb rigide: Senken der Bekleidungspauschale um bis zu 20 Mark pro Mensch und Monat. Damit passe man sich nur dem Städtevergleich-“Sieger“ Hannover an, der von allen die niedrigste Kleiderpauschale für Kinder (um die 20 Mark) und Erwachsene (um die 30 Mark pro Monat) zahlt. Eigentliches Ziel des Städtevergleichs (“Benchmarking“) sei es schließlich, die „beste Lösung zu finden“ – um Einsparungen zu erreichen.

Um das auch durchzusetzen, malen die obersten Prüfer sogar eine „Sogwirkung“ wegen „höherer Sozialhilfeleistungen“ als Teufel an die Wand. Deshalb müßten nicht nur die Kleiderpauschalen runter, sondern auch andere einmalige Leistungen für z.B. den Kauf von Elektrogeräten. Zusätzlich sollte auch das zur Zeit eingestellte Unterhalt-Eintreiben bei z.B. Kindern für ihre Eltern im Rentenalter wieder losgehen (Geschätzte Einnahmen: rund sechs Millionen Mark pro Jahr).

Während Arbeitslosen-Initiativen wie die „Solidarische Hilfe“ jetzt heftige Kürzungen befürchten, mahnt das Sozialressort zur Ruhe. Die Prüfungen befänden sich „im Vorstadium“, sagt Ressortsprecher Holger Bruns. „Wir haben dem Rechnungshof mitgeteilt, daß wir das Anliegen begrüßen“, so Bruns. Schließlich gebe es in der Tat Klärungsbedarf in der Frage, warum einige Ausgaben so „enorm“ hoch seien. Beim Gewähren von Sozialhilfe liegt Bremen zum Beispiel auf Platz eins im Städtevergleich – obwohl Dortmund oder Duisburg viel höhere Arbeitslosenquoten aufweisen.

Von „enormen“ Ausgaben will man aber in den Ämtern für soziale Dienste nichts hören: „Wir gewähren schon das absolute Mininum“, meint Personalrat Burkhardt Radtke. Der Rechnungshof hätte „platte Aussagen“ verbreitet, ohne Kenntnis von den regionalen Besonderheiten in den einzelnen Städten zu haben – zum Beispiel daß in Bremen überdurchschnittlich viele Kinder Sozialhilfe beziehen, die natürlich einen höheren Kleiderbedarf haben als Erwachsene. Außerdem bekämen Hilfsempfänger in Bremen z.B. Geld dafür, in einem Laden ein Elektrogerät mit Garantie zu erwerben. „In anderen Städten bekommen sie vielleicht weniger Geld, weil das Amt dort gebrauchte Geräte selber heranschafft“, erklärt Radtke: „Aber mögliche Personalkosten für diese Einkaufsabteilung rechnet man natürlich nicht mit hinein.“ Katja Ubben

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