: Flucht in die Kirche
■ Auch in Oberhausen sind zwei Kirchen von kurdischen Flüchtlingen besetzt worden
Köln (taz) – Pfarrer Hans-Jürgen Vogel ist empört: „Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt.“ Der katholische Geistliche spricht von einer „dreisten Aktion“. Seit Sonntag ist seine Kirchengemeinde Christ-König ebenso wie die benachbarte evangelische Gemeinde Buschhausen in Oberhausen besetzt – von 72 kurdischen Flüchtlingen. Die Flüchtlinge hätten ihnen die „Pistole auf die Brust gesetzt“, sagt Reinhard Messing, Asylexperte der Oberhausener Caritas. Sie wollten den Flüchtlingen zwar helfen, erklären Vogel und sein evangelischer Kollege Jürgen Drescher, aber in den beiden Gemeinden könnten sie nicht bleiben.
Unklar ist, ob die Besetzer der Oberhausener Kirchengemeinden in eine (mündlich getroffene) Vereinbarung einbezogen werden, die das nordrhein-westfälische Innenministerium mit jenen Flüchtlingen getroffen hat, die teilweise bereits seit einem Jahr im Wanderkirchenasyl leben. Danach will das Ministerium den zuständigen Ausländerbehörden für die knapp 200 Flüchtlinge aus Nordrhein-Westfalen empfehlen, erneut ihre Fälle zu prüfen und sie nicht in Abschiebehaft zu nehmen. Gleichzeitig will Innen- und Justizminister Behrens (SPD) eine Kommission einrichten, die dafür sorgen soll, „daß die Einzelfallprüfungen ,nicht nach Aktenlage‘ vorgenommen werden“.
Eine Garantie auf ein Bleiberecht für alle, wie von den Flüchtlingen gefordert, soll es allerdings nicht geben. Zudem gilt der Vorschlag nicht für jene im Wanderkirchenasyl lebenden Familien, für die Ausländerbehörden außerhalb NRWs zuständig sind – immerhin 41 der 141 kurdischen Familien. Ihnen hat Behrens lediglich zugesagt, seinen Kollegen „anheimzustellen, entsprechend zu verfahren“.
Die beiden Oberhausener Kirchengemeinden haben unterdessen noch nicht über ihr weiteres Vorgehen entschieden. Pascal Beucker
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