: Der Feind hat einen Namen: Jürgen Trittin
■ Warum der Bundesumweltminister zum Buhmann der deutschen Medien geworden ist
Von Heiner Müller stammt die Erkenntnis, daß es schmerzhaft sein kann, von seinen Feinden verlassen zu werden. Wie schön es ist, einen Feind zu gewinnen – das kann man derzeit in der deutschen Presse verfolgen.
Denn der Feind, der sich 1989 aus dem Staub gemacht hat, hat wieder ein Gesicht – und zwar das von Umweltminister Jürgen Trittin. Was tut Jürgen Trittin? Er „faselt von nationaler Souveränität“, bemerkt spitz die FAZ, was ein wenig überrascht, weil die Sorge um deutsche Interessen doch ein wesentliches Anliegen der Frankfurter Herrenzeitung ist. Er ist, wie das Blatt weiter meint, eine „peinliche Fehlbesetzung“, er verkörpert ein „Fiasko“, er zeigt eine „Staatsstreichmentalität. Was noch? Er will „erst schießen, dann denken“ und ist deshalb im Augenblick risikoreicher als „die Atomkraft“, findet die Berliner Zeitung).
In die Rolle des bösen Buben paßt Jürgen Trittin bestens. Er hat nichts von Rezzo Schlauchs Jovialität, nichts von der staatstragenden Gestik Joschka Fischers. Norddeutsch kühl der Tonfall, seine Intelligenz wirkt irgendwie schneidend, ungemütlich. Wenn Trittin redet, muß man stets darauf gefaßt sein, daß irgendwo ganz am Ende des Satzes eine ironische Spitze versteckt ist. Trittin, wie alle guten Menschen in jungen Jahren linksextrem gestimmt, hat auch nie seine Jugendsünden bereut. Ist das nicht schon ein Grund, mißtrauisch zu sein?
Vor allem aber polarisiert Trittin, weil er etwas will: den Ausstieg aus der Atomenergie. Den will die Mehrheit der Deutschen zwar auch, aber bitte sanft, geräuschlos, ohne Konflikte. Wie das mit der Sehnsucht nach dem Feind zusammenpaßt? Ganz einfach, der Feind wird exterritorialisiert. Er ist kraft seiner bösen Natur unfähig zum Konsens. Er lauert, man darf ihn nicht hereinlassen. Aber Trittin ist schon da. Sieht er nicht aus wie eine an norddeutsche Verhältnisse angepaßte Modifikation der Spezies Öcalan?
Der Umweltminister beschädigt „nationale Interessen“, macht Politik nach „Gutsherrenart“ und schwankt zwischen „Dilettantismus und Fanatismus“. Er ist ein „Störfall“ (Tagesspiegel). Riecht es eigentlich nach Schwefel, wenn der Umweltminiter eine Kirche betritt? Stefan Reinecke
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