: Natürliches Gleichgewicht
Keine Tierversuche, Ressourcen schonen: Naturkosmetik fördert Harmonie – in der Umwelt wie bei den VerbraucherInnen ■ Von Karen Schulz
„Schön kommt von schonen“, mahnte Oma mit ermüdender Regelmäßigkeit zum sparsamen Gebrauch von Make-up und Mascara – ungern wurde die altmodische Weisheit vernommen. Jetzt erhält der großmütterlichen Drang zur Natürlichkeit eine neue, ganz aktuelle Bedeutung: als Wahlspruch für die Hersteller seriöser Naturkosmetik. Die wollen sowohl die BenutzerInnen als auch die Umwelt schonen – und dabei die Schönheit fördern.
Natürliche Inhaltsstoffe – um u.a. die Allergiegefahr gering zu halten –, so ökologisch wie möglich gewonnen, sind dabei eine Grundvoraussetzung. Einheitliche gesetzliche Vorschriften zur Herstellung von Naturkosmetik gibt es allerdings nicht – lediglich Empfehlungen wie z. B. die Richtlinie „Kontrollierte Naturkosmetik“ des Bundesverbandes Deutscher Industrie- und Handelsunternehmen für Arzneimittel, Reformwaren und Körperpflegemittel e.V. (BDIH). Sie fordert die Verwendung von Rohstoffen möglichst aus kontrolliertem Anbau oder aus Wildsammlungen sowie den Verzicht auf synthetische oder genmanipulierte Zusatzstoffe und radioaktive Bestrahlung. Hinzu kommt die konsequente Ablehnung von Tierversuchen, und die Produzenten tierischer Rohstoffe sollten artgerecht gehalten werden.
Viele Kosmetikhersteller setzen einige oder alle dieser Forderungen auch ohne gesetzliche Regelung bereits um. Die Firma „Weleda“ zum Beispiel, die ihre Produkte an der anthroposophischen Lehre nach Rudolf Steiner ausrichtet, verarbeitet weitestgehend reine Natursubstanzen und führt strenge Qualitätskontrollen der Rohstoffe durch. Auch synthetische Duft-, Farb- und Konservierungsmittel oder mineralische Öle finden sich im „Weleda“-Angebot nicht. Die Produkte in den künstlerisch gestalteten Verpackungen – Firmenphilosophie ist ein ganzheitlicher Ansatz, das Auge freut sich mit – gibt es in Apotheken, Reformhäusern, Naturkostläden und Drogerieabteilungen.
„Ökologisch sinnvolle“ Kosmetik will die Firma „Logona“ mit ihrem Sortiment anbieten: Wichtig ist ihr die Umweltverträglichkeit, und die sieht „Logona“ sowohl in der ressourcenschonenden Herstellung als auch in der optimalen Abbaubarkeit der Rohstoffe und Produkte. Die eng mit der deutschen Naturwarenszene verbundene Firma vertreibt denn ihre Produkte auch ausschließlich im Naturkost-Fachhandel.
„The Body Shop“ wirbt mit dem besonderen Engagement „Against Animal Testing“, d. h. das Kosmetik-Großunternehmen testet seine Produkte nicht an Tieren und schließt durch strenge Kontrollen auch aus, daß die einzelnen Inhaltsstoffe nach dem 31. Januar 1990 auf diese Weise getestet wurden. Auf synthetische Konservierungsstoffe verzichtet „The Body Shop“ allerdings nicht. Die Produkte sind so bis zu 30 Monaten haltbar – dadurch können sie in größeren Mengen zubereitet und eben auch rund um den Globus vertrieben werden.
Wer auf frisch angerührte Kosmetik schwört, ist in Hamburg mit „Secret Emotion“ gut bedient: Die Cremes und Öle des kleinen, feinen Ladens in Ottensen kommen zum Teil, z. B. im speziellen ayurvedischen Pflegeprogramm, gänzlich ohne Konservierungsstoffe aus. Wo diese nötig sind, werden sie in möglichst geringen Mengen zugesetzt – die Haltbarkeit der Produkte ist auf einige Wochen beschränkt, sie können aber auch in entsprechend kleinen Mengen gekauft werden. Wer seinen Allergiepaß mitbringt, wird von den MitarbeiterInnen bei „Secret Emotion“ kompetent beraten.
Vermehrt auf Kosmetik-Fertigprodukte setzt seit einigen Jahren hingegen „Spinnrad“. „Selbermischen ist nicht mehr so trendig“, erklärt die Marketingfachfrau des Unternehmens, Andrea Mittmann. Schade eigentlich, denn während viele der fertig angerührten Produkte bei „Spinnrad“ nicht ohne synthetische Zusatzstoffe auskommen, ist ein Großteil der Rohstoffe naturbelassen.
Wen also das Studium der Volldeklarationen auf Tübchen und Fläschchen im Fachchinesisch in den Wahnsinn treibt, der sollte ab und an zu Mörser und Becherglas greifen und die Produktion selbst in die Hand nehmen – neben der eigenen Haut dankt es auch der Spiel-trieb.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen