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Sprungbrett Müllsammeln?

■ In der Neustadt geht es dem Dreck an den Kragen: ABM-Kräfte sorgen für Sauberkeit – und hoffen bei „Blitz-Blank-Buntentor“ auf einen neuen Berufseinstieg

Petra Schweißinger ist eine von 18 Langzeitarbeitslosen, die im Rahmen des Beschäftigungsprojekts „Blitz Blank Buntentor“ neuerdings Dreck wegräumen: Drogenspritzen, Hundekot einsammeln oder gelbe Säcke. „Das ist besser als arbeitslos sein“, sagt die gelernte Tischlerin. Sinnvolle Arbeit sei das – darin sind sich ihre KollegInnen, eine bunte Gruppe aus Deutschen, Türken und Kurden, einig. Ihr Revier liegt zwischen Kirchweg, Neuenlander- und Friedrich-Ebert-Straße; ihre Arbeitsverträge sind auf ein Jahr befristet. Danach, so hoffen sie, könnten sie vielleicht den Einstieg ins normale Berufsleben finden. Aber es gibt auch Zweifel: „Beruflich bringt uns das hier eigentlich nicht weiter.“ Burkhart Berkahn, auch unter ABM-Vertrag, spricht gar von einem Teufelskreis aus einem Jahr ABM und einem Jahr Arbeitslosigkeit im Wechsel.

Wie im Viertel, so rückt auch im Buntentor ein „Quartier-Service“ in Straßen und auf Grünanlagen dem Dreck zuleibe. Die gemeinsamen Projektträger – Arbeitsamt, Sozialbehörde und Arbeitssenator – wollen eine Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt erreichen. Stadtteilinitiativen, Stadtgrün und der Entsorger ENO sind mit von der Partie. „Wir möchten hier kein Laubfegeprogramm für Langzeitarbeitslose“, betont Jürgen Maly, Mitinitiator des Projekts und zugleich SPD-Ortsvereinsvorsitzender. Der Unterschied zu ähnlichen Maßnahmen der CDU – „die wollen nur Hilfsarbeiter“ – sei die mit 2.350 Mark tarifgerechte Entlohnung. Außerdem die faire Chance, sich weiterzuqualifizieren. Dafür werden die ABM-Kräfte auch freigestellt: Ein Mann hospitiert gerade im Tierheim. Im Frühjahr planen andere, einen Schein als GabelstaplerfahrerIn zu machen.

Angefangen hat alles im Herbst 1997. Da ließ sich die SPD von den BewohnerInnen im Stadtteil erzählen, welche Wünsche sie an die Politik haben. Fazit: Der Dreck muß weg – und Arbeitskräfte her. Die sind mittlerweile gern gesehen. So gab es im Winter für MitarbeiterInnen schon mal heißen Tee oder eine kräftige Hühnerbrühe, wird berichtet.

Was fehlt bei soviel Sauberkeit? „Eine Sozialarbeiterin dem Projekt“, sagt Christina Lex von der Werkstatt Bremen. Sie hat Arbeitslose ans Blitzblank-Projekt vermittelt und weiß: „Wer diese Arbeit tut, hat meist typische Mehrfachprobleme wie Schulden, Alkohol oder Familiensorgen.“ be

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