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■ Amtsrichter Roland Schill glaubt der Polizei und spricht Datenschnüffler frei

Manchmal verhelfen Geschichten zu einem Freispruch – auch wenn ihr Wahrheitsgehalt nicht nachzuprüfen ist. Gestern beispielsweise erzählte Karl-Heinz Böttrich-Scholz so eine Geschichte. Und Amtsrichter Roland Schill, bekannt als polizeifreundlicher Justizhardliner, glaubte sie.

Dem seit August 1997 suspendierten Polizeibeamten Böttrich-Scholz war vorgeworfen worden, am 14. November 1996 im Polizeicomputer Daten über die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Anna Bruns abgefragt zu haben. Bruns hatte damals immer wieder die Unterbringung von Flüchtlingen in Hotels auf St. Pauli angeprangert – auch in den Hotels von Uschi Scholz, der Ehefrau des Beamten. „Ich war der Meinung“, so bekräftigte Bruns gestern, „die Flüchtlinge hätten anderswo für die Hälfte des Preises bei doppeltem Standard untergebracht werden können.“

Lag bei der Datenschnüffelei also Amtshilfe für Ehefrau Uschi vor? Böttrich-Scholz tischte vor Gericht eine andere Version auf. Im „Untersuchungsausschuß Polizei“ sei er darauf angesprochen worden, daß Anna Bruns einen Porsche fahre. Diesen würde sie einen Kilometer vor dem Rathaus aus Imagegründen verlassen und in einen Fiat umsteigen. Er – Böttrich-Scholz – habe die „exponierte“ Frau vor übler Nachrede schützen wollen. Im Polizeicomputer habe er daher überprüft, ob sie überhaupt einen Porsche fahre. „Auf Frau Bruns war kein Fahrzeug zugelassen“, war das Ergebnis seiner Recherche. Eine Anzeige wegen übler Nachrede stellte er jedoch nie.

Dennoch urteilte Richter Schill: „Das klingt plausibel und ist nicht zu widerlegen.“ Wegen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz hatte die Staatsanwaltschaft zwar eine Geldbuße in Höhe von 25.000 Mark gefordert, doch Schills Fazit lautete: Freispruch. Zugleich übte er Polizeischelte: „Was ist das für ein Luxus, einen Spitzenbeamten eineinhalb Jahre bei vollen Bezügen zur Untätigkeit zu verdammen?“

Anna Bruns nannte das Urteil hingegen eine „Frechheit“ und bezichtigte Böttrich der Falschaussage. „Der wollte gucken, ob man der Alten was anhängen kann“, erklärte sie. Immerhin habe selbst Schill eingeräumt, daß Böttrichs Version auch eine „Schutzbehauptung“ sein könnte. Kai von Appen

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