: PDS mißgönnt dem Kanzler den Schloßblick
■ Berliner PDS-Vorsitzende Petra Pau empört sich über den Kanzlerwunsch, das Stadtschloß wieder aufzubauen. Bundesbauministerium befürwortet Gestaltungswettbewerb für Schloßplatz
Empört hat die Berliner PDS- Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Petra Pau den Wunsch von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zurückgewiesen, das Berliner Stadtschloß wieder aufzubauen. „Mit seinen Schloß- Phantasien hat sich Schröder im Zeitalter und im Ton vergriffen“, meinte Pau und spielte damit auch auf Schröders Bemerkung an, „wenn man in einer solchen historischen Situation ist und dem Volke was für die Seele gibt, kann das außerordentlich befriedend und damit auch befriedigend sein“.
Der Regierende Bürgermeister Berlins, Eberhard Diepgen (CDU), begrüßte hingegen den Vorstoß Schröders „ohne Abstriche“. Diepgen hatte sich in der Vergangenheit bereits mehrfach für den Wiederaufbau des Stadtschlosses ausgesprochen.
„Weil es schön ist“, antwortete Schröder in einem gestern in der Zeit veröffentlichten Interview auf die Frage, ob und warum das Berliner Stadtschloß wieder aufgebaut werden soll. „Wenn der (Palast der Republik) nicht so häßlich und voller Asbest wäre, könnte der meinetwegen stehen bleiben“, fügte er larmoyant an. Schröders Bundeskanzleramt wird ab April vorübergehend in das am Schloßplatz liegende ehemalige Staatsratsgebäude der DDR ziehen. Der Neubau des Kanzleramtes am Spreebogen wird voraussichtlich erst Ende 2000 fertiggestellt.
Der mögliche Abriß des Palastes der Republik auf der einen Seite und der von anderen befürwortete Wiederaufbau des Stadtschlosses ist schon seit langem ein emotional stark besetztes Thema. Auch wenn der Bundeskanzler seinen Wunsch des Wiederaufbaus des Schlosses „nicht zur Chefsache“ machen will, ist sein eindeutiges Votum ein schweres Pfund in der Waagschale.
Anstelle des Stadtschlosses, das jahrhundertelang Sitz preußischer Könige und deutscher Kaiser war, wurde nach seiner Sprengung 1950 der Palast der Republik aufgebaut, in der die DDR-Volkskammer tagte. Außerdem war in dem Gebäude auch ein Freizeitreff untergebracht, der bei den Ost-Berlinern sehr beliebt war. Für viele ehemalige DDR-Bürger hat der Palast der Republik nach wie vor einen hohen Symbolcharakter.
Momentan wird der Palast der Republik von Asbest gesäubert. Die Sanierung dauert in jedem Fall noch bis zum Jahr 2001. Vorher kann der Palast der Republik wegen der giftigen Emissionen ohnehin nicht abgerissen werden.
Im Bundesbauministerium ist zu hören, daß man es nach wie vor befürworte, einen Architekturwettbewerb auszuschreiben, um für die Gestaltung der Fläche ein überzeugendes Konzept zu erhalten. Allerdings müsse vorher ein genauer Anspruch über die Verwendung der Fläche formuliert werden. Zumindest theoretisch sei vorstellbar, daß Teile des Palastes der Republik erhalten blieben und das Stadtschloß daneben aufgebaut würde. Annette Rollmann
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