: Deutsche Bank gab Kredit für Auschwitz
■ Historiker der Deutschen Bank decken auf: Die größte deutsche Bank lieh mindestens zehn Firmen Geld, die damit das KZ Auschwitz bauten. Die neue Offenheit der Bankiers soll die Geschäfte in den USA sichern helfen
Berlin (taz) – Die Nazizeit holt die Deutsche Bank wieder ein. Die mächtigste Bank im Nationalsozialismus hat wissentlich auch am Bau des Vernichtungslagers Auschwitz verdient. Das belegen Forschungen des Historischen Instituts der Deutschen Bank, die Institutsleiter Manfred Pohl gestern veröffentlicht hat.
Nach Pohls Recherchen haben die Leiter der Deutschen-Bank-Filialen in Kattowitz, Bielitz, Teschen und Beuthen Kredite an mindestens zehn Firmen vergeben, die das Lager Auschwitz gebaut haben. Dabei wußten die Filialleiter in den Städten um Auschwitz bereits vor der Kreditvergabe, wofür die Firmen das Geld benötigten. Die Firmen, die in Auschwitz Brücken, Tunnel, Abflußleitungen, Gleisanlagen und Hallen bauten, hinterlegten ihre genauen Auftragsbücher bei der Deutschen Bank und traten die Forderungen der Auftraggeber an sie ab. Die Aufträge kamen von der Waffen-SS in Auschwitz und den I.G. Farben, die in dem Vernichtungslager zu diesem Zeitpunkt eine Großbaustelle betrieben.
Vor rund zwei Wochen ist Manfred Pohl auf die Kreditakten gestoßen, die eindeutig den Kreditrahmen und die dafür erbrachten Leistungen aufzeigen. Hinweise auf die Beteiligung der Deutschen Bank am Bau des Vernichtungslagers und seiner Industrieanlagen hat es schon seit Kriegsende gegeben. Aber, sagte Pohl der taz, „es wurde nicht untersucht“. So konnte der Filialleiter aus Kattowitz nach der NS- Diktatur bei der bundesdeutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau unterkommen. Auch die anderen Bankiers wurden weder angeklagt, noch hatten sie berufliche Nachteile zu fürchten.
Die Deutsche Bank hatte in den vergangenen Jahrzehnten kein Interesse an ihrer NS-Vergangenheit. Erst seitdem Holocaust-Opfer die Bank in den USA verklagen und jüdische Organisationen Schadenersatz für die Bereicherung der Deutschen Bank in der NS-Zeit fordern, hat die Deutsche Bank ihre Politik geändert. Zudem bedroht die Vergangenheit die Zukunft der Bank: Holocaust-Opfer in den USA drohen die Übernahme von Bankers Trust durch die Deutsche Bank zu verhindern. Staat und Stadt New York unterstützen diese Bemühungen. Pohl hatte jedenfalls bereits Anfang der achtziger Jahre versucht, an die historischen Akten der Bank zu kommen, wurde aber damals abgewiesen.
Erst nachdem im vergangenen Jahr alle Akten (aneinandergereiht insgesamt 9,5 Kilometer) der Deutschen Bank aus der Zeit vor 1950 in Pohls Institut zusammengeführt wurden, wurde er fündig. Dabei hatte die Unterlagen über die Filialen vor den Toren von Auschwitz seit 1945 in den Kellern der Deutschen Bank in Hannover gelagert. Unklar ist noch, inwieweit der Bankvorstand in Berlin während der NS- Zeit von den Geschäften seiner Kollegen in Auschwitz wußte. Pohl vermutet jedoch, daß auch er informiert war. Kreditvergaben in derartiger Höhe – eine Firma W. Riedel & Sohn bekam 1942 zum Beispiel 400.000 Reichsmark für Bauarbeiten im Lager Auschwitz-Birkenau geliehen – hätten in Berlin abgezeichnet werden müssen. Ulrike Fokken
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