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KommentarStrategie mit Opfern

■ Gewerkschaft ist erstaunlich kompromißbereit

Sie stehen mit dem Rücken zur Wand. Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes ÖTV und DAG sitzen in der Klemme und machen Zugeständnisse, die vor Jahren noch undenkbar gewesen wären. Bei der Gasag ist der Grund dafür recht einfach zu benennen: Während die Zahl der Beschäftigten und der Gaspreis extrem hoch sind, schreibt der ehemalige, inzwischen privatisierte, Staatsbetrieb trotzdem rote Zahlen. Der ökonomische Zwang fördert den Realismus in den Gewerkschaften. Bei den staatlichen Verkehrsbetrieben BVG und den Krankenhäusern, über denen ebenfalls der Privatisierungsgeier kreist, trägt die erstaunliche Lernbereitschaft freilich dazu bei, daß die Gewerkschaften aus der Defensive wieder in die Offensive kommen.

Ein wesentliches Ziel der Beschäftigtenvertreter ist es ja, den Verkauf von weiteren staatlichen Betrieben zu verhindern. Um den Einstieg der privaten Deutschen Bahn AG bei der BVG unmöglich zu machen, erbringt die ÖTV deshalb enorme Opfer. Sie schlägt selbst die Gründung einer externen Busgesellschaft vor, um die Kosten des Unternehmens zu senken. Unschöner Begleiteffekt: Neu eingestellte Beschäftigte bekommen in Zukunft einen viel geringeren Lohn als heute, was der ÖTV denn auch erhebliche Kritik des Personals einträgt.

Durch ihr eigenes Konzept zur Auslagerung von Personal in billigere Tochterunternehmen scheint es der ÖTV zu gelingen, die Privatisierung der BVG zu verhindern. Möglicherweise wird es den Krankenhäusern ähnlich gehen. Für die Gewerkschaft ist das immer noch die bessere von zwei schlechten Alternativen. Bleiben Unternehmen in der Hand des Senats, stehen der ÖTV und DAG nämlich zwei Druckmittel zur Verfügung: der politische Weg über die Regierung und der Einfluß über die Gremien in den Betrieben.

Würden sich die Arbeitnehmervertreter dagegen hinsichtlich der Zahl des Personals und der Arbeitsbedingungen unversöhnlich zeigen, wäre der Verkauf an private Konzerne die wahrscheinliche Folge. Dann würden die Gewerkschaften beides verlieren: Personal in den Unternehmen und einen großen Teil ihres Einflusses. Hannes Koch

Bericht Seite 24

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