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Im Zweifel für die Flüchtlinge

■ Nach einem Beschluß des Oberverwaltungsgerichts darf Flüchtlingen die Sozialhilfe nicht verweigert werden, nur weil sie über Drittstaaten eingereist sind. Hübner will an Praxis festhalten

Sozialämter werden es zukünftig schwerer haben, neu eingereisten Flüchtlingen die Sozialhilfe zu entziehen. Nach einem Beschluß des Oberverwaltungsgerichts (OVG) wird das Sozialamt Hohenschönhausen verpflichtet, einer im Herbst 1998 aus dem Kosovo geflohenen Familie wieder Leistungen zum Lebensunterhalt zu gewähren. „Dieser Beschluß hat eine sehr große Bedeutung für die zukünftige Anwendung des Asylbewerberleistungsgesetzes“, sagte gestern der zuständige Richter, Arved Strecker. „Das ist eine Grundsatzentscheidung. Darauf können sich andere Flüchtlinge beziehen“, meint auch Michael Maier-Borst vom Flüchtlingsrat.

Seit Herbst vergangenen Jahres hatten Flüchtlinge von diversen Sozialämtern nur noch minimale Grundleistungen für Unterkunft und Verpflegung oder teilweise gar keine Unterstützung mehr erhalten. Begründung: Sie seien nur nach Deutschland gekommen, um Sozialhilfe zu beziehen. Nach einer erneuten Verschärfung des Asylbewerberleistungsgesetzes Anfang September kann demnach die komplette Sozialhilfe oder ein gewisser Betrag entzogen werden.

Gesundheitssenatorin Beate Hübner (CDU) hatte die Sozialämter aufgefordert, die neue Regelung anzuwenden. Die meisten CDU- und SPD-Bezirke richteten sich danach. Nach Schätzungen des Flüchtlingsrates bekamen somit etwa 1.000 Flüchtlinge nur noch die Reise- und Verpflegungskosten für die Ausreise. Der Flüchtlingsrat spricht von „einigen hundert“ ohne jegliche Hilfe.

Das OVG stellt in seinem Beschluß fest, daß die Rückkehr in den Kosovo derzeit weder „möglich noch zumutbar ist“ und die Flüchtlinge deshalb Leistungen bekommen müssen. Darüber hinaus hat der Beschluß Signalwirkung für andere Flüchtlinge, die ebenfalls aus Drittstaaten eingereist sind. Ihnen darf nicht unterstellt werden, daß sie nur nach Deutschland gekommen seien, um hier Sozialhilfe zu beziehen.

Die Sozialämter hatten in der Vergangenheit immer wieder die Einreise über Drittstaaten als Begründung dafür angegeben, keine Sozialhilfe zu zahlen. Die Flüchtlinge hätten ja in diesen Ländern bleiben können. Das OVG sagt jedoch, daß es nicht der Absicht des Gesetzgebers entsprochen habe, Flüchtlingen die Sozialhilfe zu entziehen, wenn sie bei der Einreise auf dem Landweg durch Drittstaaten gekommen sind. Die Sozialverwaltung kündigte indes an, an ihrer Praxis festzuhalten. „Es handelt sich nicht um eine Grundsatzentscheidung und kann nicht auf alle Flüchtlinge abgeleitet werden“, sagte Sprecher Christph Abele. (OVG 6 SN 230.98/OVG 6 SN 11.99) Julia Naumann

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