: Harte Strafen für Beschneidung
Mit Haftstrafen noch über den Anträgen der Staatsanwaltschaft ist in Frankreich der große Prozeß wegen Klitorisverstümmelungen zu Ende gegangen ■ Aus Paris Dorothea Hahn
„Schuldig“, befand das Pariser Schwurgericht am Dienstag abend in 27 Fällen. „Schuldig wegen mutwilliger Gewalt, die eine Verstümmelung minderjähriger Mädchen nach sich zog.“ Die Hauptangeklagte 52jährige Malierin, Hawa Gréou, verurteilte das Gericht wegen der Beschneidung von 48 Mädchen zu acht Jahren Gefängnis. Eine der mitangeklagten Mütter muß für drei Jahre ins Gefängnis. Die anderen angeklagten 22 Mütter und drei Väter erhielten Bewährungsstrafen.
Damit fällte das Pariser Schwurgericht Urteile, die noch über dem Strafmaß lagen, das der Staatsanwalt gefordert hatte. Die Urteile übertreffen auch vorausgegangene Gerichtsentscheide wegen Klitorisbeschneidungen. „Bewährungsurteile haben keinerlei Wirkung“, hatte Linda Weil-Curiel, eine der Anwältinnen der NebenklägerInnen, in ihrem Plädoyer gemahnt. Um von weiteren Beschneidungen abzuschrecken, seien Gefängnisstrafen nötig.
Die Beschneiderin Hawa Gréou, die bereits zuvor wegen dieser Tätigkeit in Frankreich verurteilt worden war, hatte von Anfang dieses Prozesses an alle Verantwortung auf sich genommen. Gréou saß bereits seit 1994 in Untersuchungshaft, womit die französische Justiz Tatwiederholungen vermeiden wollte.
Die zweite zu Gefängnis verurteilte Frau ist Djenaba Koita, die Mutter jener jungen Frau, die das ganze Verfahren mit ihrer Anzeige zustande gebracht hatte. Der Verteidiger der verurteilten Mutter erklärte am Dienstag abend, seine Mandantin werde das Urteil nicht verstehen. Er hatte, wie die übrigen VerteidigerInnen auch, auf Freispruch plädiert, da die Angeklagten „keine Absicht hatten zu schaden“ und außerdem „unter dem Druck der Tradition und der afrikanischen Gemeinschaft“ gehandelt hätten.
Das zweiwöchige Gerichtsverfahren hat in Frankreich viel Aufmerksamkeit erregt. Während eines Programms in dem französischen Radiosender rfi diskutierten gestern junge Afrikanerinnen in Paris darüber, welche Zeremonien die Beschneidungen als Initiationsriten ablösen könnten. Dabei kam auch der Vorschlag, kleine Mädchen künftig zu tätowieren, statt sie an der Klitoris zu beschneiden.
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