piwik no script img

Blutiger Aufruhr im Irak

■ Nach dem Mord an dem schiitischen Würdenträger Sadr kommt es in mehreren Städten zu Ausschreitungen. Opposion spricht von 15 getöteten Demonstranten. Bagdad dementiert

Bagdad/Dubai (AFP/dpa) – Nach der Ermordung des höchsten schiitischen Würdenträgers in Irak ist es in mehreren Städten des Landes zu gewaltsamen Unruhen gekommen. In dem Bagdader Viertel Saddam City habe es am Samstag ein „regelrechtes Gemetzel“ gegeben, berichteten mehrere Augenzeugen gestern telefonisch in Amman. „Eine große Zahl von Demonstranten wurden getötet und verletzt.“ Die schiitische Opposition in Damaskus bezifferte die Zahl der Todesopfer auf insgesamt 15. In dem Vorort leben rund 1,4 Millionen der 4 Millionen Einwohner der irakischen Hauptstadt. Bagdad dementierte, daß es dort Ausschreitungen gegeben habe.

Im 170 Kilometer südlich von Bagdad gelegenen Nadschaf, wo der getötete Sadr zuletzt wohnte, kam es am Samstag gleichfalls zu Straßenschlachten zwischen Studenten und schiitischen Geistlichen einerseits und den Sicherheitskräften andererseits, wie Augenzeugen berichteten. Auch hier habe es mehrere Tote und Verletzte gegeben. Dies bestätigte ein führender Vertreter der schiitischen Opposition, der in London im Exil lebt.

Auch in der Stadt al-Naserijah seien Unruhen ausgebrochen. Demonstranten hätten öffentliche Gebäude gestürmt. Das Regime in Bagdad habe Truppen entsandt und gedroht, die Stadt mit Artillerie zu beschießen.

Die amtliche irakische Nachrichtenagentur INA hatte am Samstag gemeldet, Groß-Ajatollah Mohammad Sadiq al-Sader und seine beiden Söhne seien am Donnerstag von Unbekannten getötet worden. Al-Sader war der geistliche Führer von rund zehn Millionen irakischen Schiiten. Wie INA weiter berichtete, sind mehrere der Attentäter inzwischen festgenommen worden. Nach anderen werde noch gefahndet. Es wurde nicht mitgeteilt, wo die Morde ausgeführt und warum sie erst mit Verzögerung bekanntgegeben wurden.

Die irakischen Oppositionsgruppen in Damaskus beschuldigten unterdessen die irakische Führung, für die Morde verantwortlich zu sein. Der „Oberste Rat der Islamischen Revolution in Irak“ erklärte gestern: „Erneut hat das irakische Regime ein weiteres Verbrechen in seiner Serie endloser Verbrechen begangen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen