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Ortsamt siegt gegen Bausenator

■ Alter Streit um Informationsrechte des Beirats endete in zweiter Instanz mit einem Vergleich über die Informationsrechte, der den Ortsamtsleiter Robert Bücking glücklich macht

„Hocherfreut“ hat der Ortsamtsleiter Mitte, Robert Bücking, gestern Erfolg vor dem Oberverwaltungsgericht in einem langen Rechtsstreit mit der Baubehörde gemeldet. Es ging um die Verkehrsberuhigung des Straßenzuges Os-tertorsteinweg/Vor dem Steintor und insbesondere die Informati-onsrechte des Beirates am Beispiel dieses Falles.

Am 1. Januar 1996 war ein Beschluß noch aus Zeiten der Ampel-Koalition umgesetzt worden, nämlich die weitgehende Verkehrsberuhigung der zentralen Verkehrsachse durchs „Viertel“. Bausenator Bernt Schulte hatte vorher klargestellt, dieses Projekt sei zwar von der CDU immer abgelehnt worden, er werde jetzt aber trotz der Kritik aus den Reihen der Kaufleute fair sein und dem Experiment eine Chance geben – nach einem halben Jahr sollte Bilanz gezogen werden.

Nach vier Wochen war das „halbe Jahr“ um, und der Bausenator verkündete das Ende der Verkehrsberuhigung so lautstark über die Presse, daß von dem Tag an die Polizei keinen Autofahrer mehr auf die noch dort stehenden Verbotsschilder hinwies.

Der Beirat Mitte sah sich um seine gesetzlichen Rechte gebracht, weil er vor der entscheidenden Sitzung nicht vollständig informiert worden war. Da es in den ersten Januar-Tagen des Jahres 1996 sehr kalt war, und der verkehrsberuhigte O-Weg niemanden zum „Flanieren“ einlud, hatten es die Kritiker der Verkehrsberuhigung einfach, auf die menschenleere Einkaufs- und Bummel-Meile zu verweisen.

Gegen die Entscheidung konnte der Beirat nichts machen, aber die einschränkende Interpretation seiner Informationsrechte wollte er grundsätzlich geklärt wissen und zog deswegen vors Verwaltungsgericht.

Im April 1998 fiel er in erster Instanz auf die Nase: Beiräte hätten ohnehin nur ein schwaches Beteiligungs- und Mitentscheidungsrecht, also keinen Anspruch auf umfassende Information über die Entscheidungsgrundlagen. Das Bauressort sah sich damals bestätigt, aber das Ortsamt, juristisch vertreten durch den Anwalt Waldemar Klischies, ging in die Berufung. Und da sah am 16. Februar 1999 die juristische Welt ganz anders aus. Nachdem der Vorsitzende, Richter Pottschmidt, eingangs die grundsätzliche Rechtsauffassung des Gerichtes zu den Beiräten erläutert hatte, war dem Justitiar der Bauverwaltung auch klar, daß es da keine Bestätigung des Verwaltungsgerichts-Urteiles geben würde. Innerhalb einer Stunde einigte man sich auf einen Vergleich. „Das Urteil des Verwaltungsgerichtes ist unwirksam“, stellten die Oberverwaltungsrichter fest. Und die Vergleichsformel stellt sicher: „Die Beteiligten waren sich darüber einig, daß in Fällen, die die Beiräte zu einer Angelegenheit von besonderer Bedeutung erklären, der Bausenator den Beiräten die Entscheidungsgrundlagen vor seiner Entscheidung zur Beratung zur Verfügung stellt.“

„Dieser Text wird für unsere Arbeit von großem Nutzen sein“, freute sich Ortsamtsleiter Robert Bücking, „können wir doch jetzt sicherstellen, daß die Beiräte, die wirklich wichtig sind, umfassend informiert werden, bevor die Entscheidung fällt.“ Der Justitiar der Baubehörde, Peter Noltenius, erkennt den Unterschied zur Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes an, sieht aber den Vergleich „nicht als Niederlage“. Daß der Beirat umfassend zu informieren sei, sei immer die Auffassung des Bausenators gewesen. K.W.

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