piwik no script img

Afrikas Problem „an der Wurzel packen“

Nach dem Massaker an Touristen durch ruandische Hutu-Milizen in Uganda erwägt Großbritannien eine militärische Rolle im Afrika der Großen Seen: Eine Friedenstruppe soll den Kongo-Krieg beenden  ■ Von Dominic Johnson

Berlin (taz) – Nach der Ermordung von acht britischen und US- amerikanischen Touristen durch mutmaßliche ruandische Hutu- Rebellen in Uganda wollen sich Großbritannien und die USA aktiv an der Beendigung des Dauerkonflikts in dieser Region Afrikas beteiligen. Hauptaugenmerk gilt der Sicherung der Grenzen zwischen Uganda und Ruanda einerseits und der Demokratischen Republik Kongo andererseits, sowie einer Entwaffnung der in diesem Gebiet agierenden Milizen. Sogar eine Truppenentsendung ist nicht ausgeschlossen.

Die Nachrichtenagentur Associated Press berichtete gestern, Großbritannien lasse im UN-Sicherheitsrat jetzt einen Vorschlag für eine 10.000 bis 12.000 Mann starke internationale Kongo-Eingreiftruppe zirkulieren. Am Vortag hatte der britische Außenminister Robin Cook bei einer Uganda- Debatte im Londoner Unterhaus gesagt, es sei wichtig, „das zugrundeliegende Problem der Instabilität und Unsicherheit in der Demokratischen Republik Kongo an der Wurzel zu packen“. Er stimme „absolut“ der Meinung eines Labour-Abgeordneten zu, wonach „Uganda unsere vollste Zusammenarbeit bei seinen Problemen an der Grenze verdient“.

Ein Sprecher des britischen Außenministeriums wollte gegenüber der taz diese Überlegungen nicht direkt bestätigen, erklärte aber, Großbritannien sei zur Unterstützung einer UN-Friedenstruppe in der Region bereit. Es scheint, als diene das Touristenmassaker dazu, die bereits laufenden Planungen in diese Richtung zu beschleunigen.

Der Staatsminister im britischen Außenministerium, Tony Lloyd, war vergangene Woche als Sondergesandter von Premierminister Tony Blair durch Zentralafrika gereist, um persönlich mit den Staatschefs der am Krieg in der Demokratischen Republik Kongo beteiligten Länder zu sprechen. Dabei bot er auch britische Hilfe für eine afrikanisch geführte Kongo-Truppe an.

Auch US-Präsident Bill Clinton sagte letzte Woche, er würde im Kongo „eine Streitmacht zur Friedenssicherung für eine Übergangszeit unterstützen“. Im Gespräch ist zudem die Einrichtung von Schutzkorridoren, über die humanitäre Hilfe für die vom Bürgerkrieg betroffenen Menchen im Osten Kongos geleistet werden könne.

Im Kongo kämpft die Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie) mit Hilfe Ruandas, Ugandas und Burundis gegen die Regierung von Präsident Laurent Kabila, die von Simbabwe, Angola, Namibia, Tschad, dem Sudan sowie ruandischen Hutu-Gruppen unterstützt wird. Einem US-Bericht zufolge trugen einige der Kidnapper der Touristen in Uganda Uniformen der kongolesischen Regierungsarmee und riefen Kabila-treue Parolen. Kabila stellt die RCD-Rebellion als Produkt einer ugandisch- ruandischen Aggression dar, während Uganda und Ruanda sich von aus dem Kongo heraus operierenden Milizen bedroht fühlen. Eine Lösung des Kongo-Konfliktes hängt daher von einem Abzug aller ausländischen Truppen sowie einer internationalen Garantie für die Sicherheit Ugandas und Ruandas und einer Sicherung ihrer Grenzen zum Kongo ab.

Tony Lloyd sagte auf seiner Afrikareise, er wolle „Großbritanniens Unterstützung für diesen Prozeß anbieten“. Nach Angaben seines Sprechers Richard Wood waren Lloyds Gespräche „sehr konstruktiv“ und ein Waffenstillstand im Kongo sei nun „näher als seit geraumer Zeit“. Bei seinem Treffen mit Ugandas Präsident Yoweri Museveni bestätigte Lloyd, daß Uganda ebenso wie Ruanda und Angola „ein echtes Sicherheitsinteresse im Kongo“ habe. Das britische Entwicklungshilfeministerium legte zugleich Pläne vor, die britische Hilfe für Uganda im nächsten Jahr um 37 Prozent zu erhöhen.

Zunächst aber sind Großbritannien und die USA noch dabei, den genauen Ablauf der Ermordung ihrer Bürger zu klären. Entgegen ersten Berichten starben die acht Touristen offenbar nicht bei einem Feuergefecht. Sie wurden nach Angaben von Überlebenden schon vorher von den Milizionären mit Macheten zerstückelt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen