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Guckt euch „Cats“ doch zweimal an!

■ Stella will Hamburger Musicals revitalisieren und bundesweit 1000 Stellen abbauen

„Die nächsten Monate werden für alle sehr hart, denn die Lage ist dramatisch.“ Mit diesen Worten schockte Hejmo Klein, der neue Vorstandsvorsitzende der Stella AG, gestern die derzeit noch 5.000 Mitarbeiter des deutschen Musical-Marktführers. Der Chef des Konzerns, dessen Verluste sich im vergangenen Jahr nach Expertenschätzungen auf 90 bis 95 Millionen Mark beliefen, kündigte radikale Sanierungsmaßnahmen an.

Stella wolle, so Klein, seine Kosten um 100 Millionen Mark senken, 25 Prozent davon im Personalbereich, das entspricht der Kürzung von 1000 Stellen. Da viele der Mitarbeiter teilzeitbeschäftigt sind, treffen die Einsparungen weit mehr als 1.000 Arbeitskräfte. Etwas mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze gehen in zwei ab Dezember musicalfreien Städten verloren: In Essen und in Duisburg, wo die beiden Musicals Joseph und Les Miserables Ende des Jahres aufgegeben werden sollen. Ihre Besucherauslastung sank auf rund 56 Prozent. Betroffen sind aber auch Mitarbeiter in Hamburg, zumal Klein auch Gagen- und Gehaltskürzungen nicht ausschließt. Wieviele Stellen an der Elbe gestrichen werden, konnte oder wollte der Vorstandsvorsitzende noch nicht sagen.

Dirk Helmke, Justitiar der Interessengemeinschaft St. Pauli, hofft, daß sich die Einsparungen auf den Verwaltungsapparat beschränken. Ihm liegt vor allem die auf dem Kiez ansässige Stella-Akademie am Herzen, eine „famose Ausbildungseinrichtung“, die laut Klein bestehenbleiben soll.

Die sinkenden Besucherzahlen im Ruhrgebiet haben sich im Operettenhaus und der Neuen Flora noch nicht bemerkbar gemacht. Cats war 1998 zu 83 Prozent ausgelastet, das Phantom der Oper lag knapp darunter. Den Hamburger Hoteliers bescheren die beiden Musicals jährlich 500.000 Übernachtungen. Kein Wunder, daß Klein „den hohen lokalen volkswirtschaftlichen Beitrag von Stella“ betont.

Als Strategie für den Standort Hamburg gibt er das Schlagwort „Revitalisierung“ aus; „künstlerische Weiterentwicklungen“ der Stücke seien geplant. Kleins Begründung: „Die Leute sollen Cats nicht nur einmal sehen wollen, sondern zweimal.“ René Martens

Siehe auch Seite 8

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