piwik no script img

Noch nicht im Amt und schon umstritten

Der neue Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz heißt Wolfram König und war bisher eher als grüner Parteisoldat bekannt. Umweltschützer hätten lieber einen Fachmann an der Spitze des Amtes gesehen  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Ein Strahlenschützer war der 41jährige Wolfram König bisher keineswegs. Dennoch hat ihn Bundesumweltminister Jürgen Trittin jetzt zum neuen Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz berufen. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch Trittins Personalvorschlag für die neue Leitung der Bundesbehörde in Salzgitter seinen Segen gegeben.

Wolfram König hat zweifellos eine grüne Parteikarriere hinter sich. Der diplomierte Architekt und Stadtplaner war zunächst Vorsitzender der Grünen in Kassel, wo der heutige Landesvorsitzende der niedersächsischen Grünen, Hans- Albert Lennartz, seinerzeit Dozent an der Gesamthochschule war. Als Lennartz 1992 für einige Jahre Regierungspräsident in Hannover wurde, machte er König zu seinem Pressesprecher und engen persönlichen Mitarbeiter. Nach der Wahl 1994 mußten die niedersächsischen Grünen wieder die Oppositionsbank drücken, weil Schröders SPD nun allein regieren konnte. König wechselte überraschend aus der Pressestelle des Regierungspräsidiums nach Sachsen- Anhalt und stieg dort zum Staatssekretär unter der grünen Umweltministerin Heidrun Heidecke auf.

Seit dem vergangenem Jahr, seit die Grünen auch in Sachsen-Anhalt nicht mehr in der Landesregierung vertreten sind, lehrte Professor König in Kassel an der dortigen Gesamthochschule. In seiner Zeit als Umweltstaatssekretär in Magdeburg war König sozusagen Verwaltungschef der Planfeststellungsbehörde für das Endlager Morsleben. Für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg, mit der im vergangenem September das Ende der Einlagerungen in Morsleben kam, hatten Heidrun Heidecke und vor allem ihr Staatssekretär König erhebliche Vorarbeit geleistet.

Daß Wolfram König nun allerdings Chef der für den Strahlenschutz zuständigen Bundesbehörde mit ihren mit knapp 670 Mitarbeitern an neun verschiedenen Standorten werden soll, hat auch bei AKW-Gegnern nicht nur Jubel ausgelöst. Noch am Dienstag haben sich drei BUND-Landesverbände, die BI gegen Leukämie in der Elbmarsch, die „Mütter gegen Atomkraft“ die „Eltern für unbelastete Nahrung“ und die „Grüne Liga“ in einem gemeinsamen Brief an Umweltminister Jürgen Trittin gewandt, um ihrer „Bestürzung“, ihrem „ungläubigen Staunen“ über die geplante Ernennung Königs Ausdruck zu geben.

Ein fachlich komplexes Amt wie das BfS könne nur von jemanden geführt werden, der die „erforderliche strahlenberufliche und wissenschaftliche Ausbildung und eine auf diesem Fachgebiet anerkannte Kompetenz“ besitze, heißt es in dem zweiseitigen Schreiben. Königs Verwaltungserfahrung könne den dringenden Bedarf nach fachlicher Führung beim BfS nicht ersetzen.

Offenbar haben die Verfasser des Briefes einen anderen Kandidaten für das Amt des BfS-Präsident favorisiert. „Von unserer Seite vorgeschlagene Kandidaten“ seien nicht einmal zur Vorstellung eingeladen worden, obwohl sie jahrzehntelange Erfahrung an der Universität, im Strahlenschutz und auch in der Verwaltung vorweisen könnten, heißt es in dem Brief.

Der Bundesumweltminister hat sich von diesen Argumenten in seiner Antwort allerdings nicht beeindrucken lassen. Für Wolfram König habe er sich entschieden, weil dieser als Umweltstaatssekretär in Sachsen-Anhalt bewiesen habe, daß er eine große Behörde erfolgreich führen könne, schrieb Jürgen Trittin zurück. Auch andere wissenschaftliche Oberbehörden oder Universitäten würden nicht immer von Fachwissenschaftlern geleitet.

Um den im rot-grünen Koalitionsvertrag vereinbarten entschädigungsfreien Ausstieg zügig zu erreichen, brauche das BFS einen Präsidenten, der die dort vorhandene Fachkompetenz so einsetzen und bündeln könne, daß sie den Zielen des Koalitionsvertrages und der Gewährleistung höchstmöglicher nuklearer Sicherheit gerecht werde.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen