: Wo James Bonds Vater schlief
■ 007-Fan entdeckt Ian Flemings unbekanntes Lieblingszimmer
Um acht Uhr morgens hupt es vor dem Golfhotel Rasmushof stakkatoartig los. Maximilian Stromberg betritt den Balkon und blickt auf den sonnenbeschienenen Wilden Kaiser. Unten auf dem Parkplatz flackern die Blinklichter eines hupenden Münchner BMWs, und mehrere Hilflose laufen um den Dauerhuper herum.
Herrn Stromberg erinnert das an eine Szene aus dem letzten Bond-Film, „Der Morgen stirbt nie“, als die Schurken versuchen, den Dienst-BMW von 007 zu knacken, das Auto sich aber mit Elektroschock und Nebelwerfer zur Wehr setzt. Viele Dinge erinnern den 38jährigen an James Bond, schließlich hat Stromberg es zu seinem Hobby gemacht, den exotischen Touren des britischen Geheimagenten nachzureisen. Vom nordfranzösischen Royale-les-Eaux, Schauplatz von Ian Flemings legendärem ersten Bond-Roman „Casino Royale“ (1953), hat der Hannoveraner Privatier über Jamaika („Dr. No“) bis in die japanische Provinz („Du lebst nur zweimal“) nichts ausgelassen. Jetzt steht der Edel-Fan in Unterhose in einer weiteren „Thrilling City“ (Fleming) auf seinem Hotelbalkon. Und es hupt und hupt. Ein Golfspieler kommt an den Abschlag der unterhalb des Parkplatzes gelegenen Bahn 4. Oben Hupkonzert, der Golfer verzieht seinen Schlag, der Ball trifft den BMW-Kühlergrill, die Alarmanlage verstummt.
Eigentlich wäre es nun Zeit für das Frühstück, doch Stromberg treibt Wichtigeres um: Er hat auf der Telefonliste die Zimmernummer 007 entdeckt!
Stromberg logiert in der Nutztier-Suite: neben der Eingangstür ein kleines Bild, „Das zahme Schwein“, eine Magritte-artig riesenhafte Sau auf einer steinernen Bachbrücke; auf der Kommode zwei schwere dunkel-hölzerne liegende Stierfiguren, und im Schlafzimmer hängt ein idyllisches Kuh-Ganzkörperporträt. Wie wird also ein Bond-Zimmer aussehen? Stromberg hat da gewisse Befürchtungen: „Bestimmt wieder die typische Themencafé-Dekoration mit Smoking, Martiniglas, Walther PPK, Filmplakaten und Bond-Girls auf Playboy-Covern!“ Ein Zimmermädchen führt uns in den zweiten Stock. Neben der Tür ist „007“ auf die Wand gepinselt. Sie schließt auf. Wir treten in ein kleines Einzelzimmer mit eleganten alten Möbeln aus dunklem Holz. Die Kommode ist goldbeschlagen, das Bett schmal und tiefergelegt wie ein Sportwagen. Darüber hängt ein Ölgemälde, das aber nicht, Rasmushof-typisch, Berghütten oder Adlerhorste vor ultramontaner Kulisse zeigt, sondern einen großen Zweimaster auf stürmischer See. Stromberg ist entzückt: „Was hier wunderschön gezeigt wird, ist James Bond als älterer Junggeselle, der bei der Königlichen Marine war!“ Stromberg will sofort die Hotelchefin Signe Kramheller-Reisch sprechen. „Was hat es mit dem 007-Zimmer auf sich?“ fragt er. Die Chefin erklärt es ihm: „Wir wollten aus dem unspektakulären Einzelzimmer etwas Besonderes machen.“ Deshalb habe sie aus dem Hotel ihres Vaters die Einrichtung eines besonderen Zimmers abtransportiert: dem Raum, in dem Ian Fleming vor 40 Jahren so gern übernachtet habe. Signe Kramheller-Reisch sagt, Kitzbühel werde in einem Bond-Roman erwähnt. „Ja, in ,On Her Majesty's Secret Ser-vice‘ “ – Stromberg kennt die Stelle auswendig – „ ,it's a lovely drive from here to Kitzbühel.‘ Aber seine alpine Ausbildung habe James Bond leider nicht auf der Streif erhalten: ,He learned his skiing in the old Hanns Schneider School at St. Anton in the Arlberg.‘ “
Die Formalitäten sind schnell erledigt, Maximilian Stromberg wird selbstverständlich von Nummer 24 in die 007 umziehen. „Das Zimmer“, erklärt er mir auf der Hotelterrasse am Fuße des Hahnenkamms, „ist in der Bond-Fangemeinde noch völlig unbekannt. Damit hat mein Einzug den Rang einer Erstbesteigung. Christian Kortmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen