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Geschlechterrollen – ja, bitte!

■ Warum die sexuelle Differenz kultiviert, nicht zensiert gehört

Zu den Fixierungen, die in der Frauenpolitik wie hehre Wahrheiten behandelt werden, gehört die Verwechslung der Gleichberechtigung der Frauen mit ihrer Gleichstellung. Mit wem oder was sollen die gerade erst gleichberechtigten weiblichen Menschen eigentlich gleichgestellt werden? Möglichst haarklein und in Form von Statistiken kontrollierbar mit den männlichen Menschen!

Diese schlechte Utopie wird uns gern mit dem Verweis schmackhaft gemacht, daß wir dann an der Macht in den Chefetagen teilnehmen dürften. Doch wer hat davon schon was außer einer Handvoll Frauen? Also bleibt unterm Strich nur die niederschmetternde Erkenntnis: Von weiblichen Menschen wird nichts Neues erwartet – und schon gar nichts anderes als von männlichen Menschen, die wir uns überall zum Vorbild nehmen sollen.

Dabei kann man das geschlechtsspezifische Verhalten der Mädchen – denn nur dieses gilt als kritikwürdig in der heutigen Gleichstellungsutopie – auch ganz anders sehen und vor allem auch ganz anders interpretieren. Aber Tatsache ist doch, daß weibliche Menschen, auch von einer wohlmeinenden Frauenpolitik, entweder als Opfer von Männergewalt oder als resozialisierungsbedürftige Hascherln, denen man unbedingt auf die Sprünge helfen muß, mit vernichtender Herablassung behandelt werden. Die Überzeugung, daß Frauen defizitär, ja eigentlich nicht existent zu sein hätten, es weibliche Menschen gar nicht zu geben brauchte: das ist der Kern der Gleichstellungsutopie.

So, wie man ehedem wußte, daß Gott Adam und Eva geschaffen hat, so gehört es heute zum populären Wissen, daß Geschlecht (sex&gender) eine soziale Konstruktion ist. Auch hier vorzüglich eine, die die Weiblichkeit betrifft – Mädchen werden nicht geboren, sondern gemacht. Allerdings rühren sich inzwischen auch Männerforscher und wissen, daß Männlichkeit ganz ebenso wie Weiblichkeit „bewerkstelligt“ wird. Der Schluß, den mancher und manche (Judith Butler) aus dieser bloß sozialen Reproduktion von Zweigeschlechtlichkeit – und vor allem aus Beobachtungen an Transsexuellen und anderen Exzentrikern zieht –, ist trotzdem falsch. Hier blüht keine Subversion, schon gar keine, die man mit politischen Hoffnungen befrachten mag.

Die sexuelle Differenz hat eine Basis in der Biologie, die man nicht deshalb geringschätzen darf, weil sie ehedem den Frauen zur Falle geworden ist. Die Idee der Gleichheit der Menschen und Geschlechter mag gesellschaftliche Korrekturen ermöglichen, zukunftsweisend ist sie nicht. Der Alltag lehrt, daß in demokratischen, gleichzeitig hochkomplexen Gesellschaften die Differenz der Geschlechter, woher sie auch immer rührt, eine Grundlage der Sozialität liefert. Sogar mehr als je zuvor im Patriarchat, das noch andere identitätsstiftende Zugehörigkeiten (Rasse, Religion, Familienclan) bereithielt. Wer diese Differenz abschaffen, irgendwie nivellieren will, rennt mit dem Kopf gegen die Wand und kann nur verlieren. Es hat niemanden glücklicher gemacht, Frauen mit phallischem Bravado aufzurüsten („empowerment“) und Männer gnadenlos zu dükern („potentielle Vergewaltiger“).

Da sind die Ergebnisse einer geschlechtsspezifischen Sozialisation doch entschieden vorzuziehen. Ich rufe lieber um Hilfe in der Not und lerne keinesfalls Karate. Katharina Rutschky

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