: Strucks Machtwort: Beim Bund wird nicht gespart!
■ SPD-Fraktionschef Peter Struck ignoriert die Experten seiner Partei und bewahrt den Verteidigungshaushalt vor Kürzungen. Das schuldet er schließlich Amtsvorgänger Scharping
Berlin (taz) – „Ein Machtwort ist ein Wort, das da schaffet, was es lautet“, hat Martin Luther gesagt. Peter Struck, Chef der SPD-Fraktion im Bundestag, hat den Reformator verstanden: Am Samstag äußerte er gegenüber Bonner Journalisten, der Verteidigungshaushalt würde nicht weiter gekürzt. Punkt. „Mehr gibt es dazu nicht zu sagen“, ließ Struck heute über seine Presseleute ausrichten.
Dabei gibt es eigentlich eine Menge zum Verteidigungshaushalt zu sagen. Etwa, daß vergangenen Mittwoch die Haushaltsexperten der Koalition vereinbart hatten, die Etats aller Ministerien noch einmal um 0,5 Prozent zu kürzen.
Der zuständige „Berichterstatter“ für den Verteidigungshaushalt in der SPD ist der Bremer Abgeordnete Volker Kröning. Er ist immer noch der Meinung, daß „zusätzlicher Konsolidierungsbedarf“ besteht, der auch Einsparungen bei der Bundeswehr notwendig macht. Von Strucks Veto erfuhr er aus der Zeitung, der Fraktionsvorsitzende nahm die Meinung seines Fachmanns Kröning immerhin gestern mittag „am Telefon zur Kenntnis“. Deutlicher als der düpierte Genosse äußert sich Oswald Metzger von den Grünen. Die 0,5 Prozent Kürzungen müssen durchgezogen werden, fordert er, „auch wenn sich die Betroffenen auf den Kopf stellen“.
235 Millionen Mark Einsparungen würden die strittigen 0,5 Prozent bedeuten. Schon in der Regierungsvorlage aus dem Finanzministerium, quasi einer ersten Sparrunde, blieb das Verteidigungsministerim als einziges Ressort von Kürzungen verschont. Warum eigentlich liegt Peter Struck ausgerechnet der Verteidigungshaushalt so am Herzen? Dies Ministerium wird von Rudolf Scharping geleitet. Der war bis zum Regierungswechsel Fraktionschef – und hat den Posten nur ungern für Struck geräumt. Oskar Lafontaine, der Parteichef, hatte Scharping ins Verteidigungsministerium gezwungen. Und weil der treue Rudi damals nicht aufmuckte, durfte er sich etwas wünschen: „Der Etat wird nicht gekürzt.“
Eine Lösung, die auch die Abgeordneten im Haushaltsausschuß nicht blamiert, ist schon gefunden. Kröning: „Ein Einsatz im Kosovo und die neuen Tarife im öffentlichen Dienst könnten ja vielleicht eine neue Situation schaffen.“ Wie hatte die SPD im Wahlkampf geworben: Vernünftiges Sparen heißt Prioritäten setzen. Robin Alexander
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