■ Schnittplatz: Untote Quote
Verdammt, die Quotenzombies sind zurückgekommen. Schon lange haben wir nicht mehr an sie denken müssen. War ja auch schrecklich. Wissen Sie noch? Thomas Gottschalk? Der moderierte ganz früher mal recht witzig und erfolgreich eine Samstag-Abend-Show im ZDF. Weshalb ihn ein kleiner dicker Österreicher namens Thoma wegkaufte und sich auf RTL an einer deutschen „Late Night Show“ versuchen ließ. Dort wurde Gottschalk aber irgendwie total unlocker, und dabei wollte ihm niemand mehr zuschauen. Also holte er sich einen finsteren Berater, der ihm vollbusige Damen aufs Sofa setzte. Gleichzeitig waren die Vollbusigen plötzlich auch auf allen anderen Sendern zu sehen, und die Aufregung war groß: Nur mit der Befriedigung niederster Instinkte würden immer dümmer werdende Zuschauer gelockt. Das Thema war brandheiß: Man veranstaltete Diskussionsrunden, schrieb Artikel, und auch Gottschalk platzte der Kragen: „Quotensäue“ solle er durchs Dorf treiben.
Aber irgendwann wollte auch diese niemand mehr sehen und die vollbusigen Damen und Gottschalk gingen wieder heim, letzterer zum ZDF. Das ist lange her.
Doch jetzt hat Helmut Dietl einen Film über das Thema gemacht, und schon beginnen sich die Feuilletons wieder bedrohlich zu füllen, während Gottschalk bei „Sabine Christiansen“ den zugeschalteten 4,8 Millionen nochmals seinen Leidensweg beichtet und auch Thoma seine Gebetsmühle anwirft. Selbst Erich Böhme und Heinz Eggert, Zausel und Dumpfbacke des deutschen Talkfernsehens, merkten, daß da was wiederkommt, worüber man reden sollte. Und tun es auch! Im „Grünen Salon“ auf n-tv. Mit Günther Jauch! Vor 366.000 TV-Konsumenten. Und „Planetopia“, laut RTL ein Zukunftsmagazin, macht die untote „Quote“ zum Thema und sagt seinen 1,1 Mio. Zuschauern, wie sie gemacht wird. Als ob wir das nicht wüßten! Aufsicht! Sagen Sie diesen Menschen, wenn sie nicht sofort damit aufhören, schalten wir ab. Endgültig. Und das gibt eine gaaanz schlechte Quote. Stefan Kuzmany
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