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Antworten auf Letzte Fragen

Der Mensch besteht aus lauter Atomen, auch das Gehirn. Wie können Atome ein Bewußtsein haben? (6.3. 99)

Dies ist die vierte, letzte und größte aller Atomfragen. Bevor man sich aber dieser doch recht harten Nuß nähert, sollte man die drei einfachen Atomfragen angehen: Wie können Atome singen? Wie können Atome kochen? Und wie gelangweilt müssen Atome sein, um über den Atomausstieg nachzudenken?Lorenz Ritter, Hamburg

Atome selbst besitzen bereits eine geistige (bewußte) Komponente, oder sind – mehr noch – Emanation des Geistigen, sozusagen das immanente Korrelat einer transzendenten (umgreifenden) Bewußtheit, ohne damit jedoch eine ontologische Hierarchie im platonischen Sinn postulieren zu wollen. Wären Atome in diesem Sinne unbelebt, wäre die Existenz von Geist nur durch Einnahme eines streng mechanistischen Standpunktes zu erklären. Gedanken wären somit das, was der Urin für die Niere ist: Ausscheidungsprodukt neurophysiologischer Prozesse und der Mensch somit eine – komplizierte, aber letztlich verstehbare – Maschine.Eckart Löhr, Berlin

Auf gleiche Weise ließe sich fragen: „Wie kommt es, daß ein Videoband Bilder enthält, obwohl es nur aus Kunststoff und magnetisierbarem Metallstaub besteht?“ Die Antwort wäre die, daß Magnetpartikel, Aminosäuren u.ä. zu Trägern von Informationen werden, indem ihre besondere Anordnung sie zur Speicherung und Weitergabe geeignet macht. (Sie lesen gerade einen „Gedanken“, obwohl sie nur Papier und Druckerschwärze vor sich haben.) Die Bewußtseinsinhalte haben mit ihrem Trägermedium so wenig zu schaffen wie die Luft mit der Musik, die gerade aus den Boxen schallt – und auch eine Welle am Strand „besteht“ strenggenommen nicht aus Wasser: es ist nur das Medium.

Damit ist freilich nicht die Frage beantwortet. Doch unterrichte ich seit 20 Jahren Philosophie und ahne schon, zu welchen idealistischen und esoterischen Spekulation der Begriff „Information“ einlädt. Deshalb nur folgendes: Unser Kopf ist Träger von Information, also etwas, was zur Welt des „Geistigen“ gerechnet wird und angeblich sonst in der Welt nicht existiert – „also“ von ganz oben (Gott, Wesen aus dem All?) kommen „muß“. Unser Gehirn ist Träger von Informationen, ebenso die DNS. Es arbeitet nicht anders als der Rest der Natur. Warum gerade wir so etwas wie ein Bewußtsein haben, das Informationen erzeugen und verarbeiten kann (und dabei manchmal auch weiß, was es tut)? Stanislaw Lem schlägt in „Golem“ folgende Antwort vor: Genetisch ist der Mensch eine derartige Mißgeburt, daß nur die Entwicklung von Bewußtsein ihn vor dem Aussterben bewahren konnte. Er war so schlecht programmiert, daß der Autopilot der Instinkte durch Handsteuerung ersetzt werden mußte: So kam der Mensch zum Denken. Und damit fingen natürlich die Probleme erst an – siehe z.B. obige Frage.Bernhard Becker-Braun, Essen

Es gibt zu diesem Thema einige schicke Erklärungsansätze mittels Aurafeldern oder göttlicher Einflüsse oder so was. Die sind aber alle nicht sonderlich befriedigend. Aus egozentrischer Sicht kann man nur empfehlen, mit der richtigen Antwort wahlweise einige Nobelpreise abzuräumen oder ein paar Milliarden Mark in der Computerindustrie zu verdienen.Knud Jahnke, Hamburg

Warum heißt ein Go-go-Girl Go-go-Girl? (6.3. 99)

„Go, go!“ sind wohl die Anfeuerungsrufe der meist männlichen Zuschauer. Warum sie allerdings wollen, daß das spärlich bekleidete Mädchen wieder geht, nachdem sie doch soviel Eintritt bezahlt haben, ist mir ein Rätsel.Malte Klar, Freiburg

Weshalb warnen auf Zigarettenschachteln noch immer die EG- Gesundheitsminister? (6.3.99)

Wahrscheinlich können sich die Zigarettenhersteller aufgrund der vielen Klagen eine Umstellung nicht leisten.Malte Klar, Freiburg

Weil es immer noch dieselben Extrem Genußfeindlichen Minister sind.Lorenz Ritter, Hamburg

Ebbe und Flut stehen hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Mond. Wenn sich der Mond ungefähr 1mal pro Tag um die Erde dreht, warum haben wir dann 2mal pro Tag Ebbe und Flut? (27.2.99)

Das ist das gleiche Prinzip, wie Zylinderschloß und Schlüssel:

1. Tür im „Normalzustand“ – Schlitz im Schloß senkrecht

a) Schlüssel mit Bart nach unten: paßt = Flut

b) Schlüssel mit Bart nach oben: paßt nicht = Ebbe

2. Tür auf dem Kopf stehend – Schlitz senkrecht

a) Schlüssel mit Bart nach oben: paßt = Flut

b) Schlüssel mit Bart nach unten: paßt nicht = Ebbe

Wir haben also die Tür 1mal gedreht und 2mal Ebbe und Flut.Thomas Friebe, Berlin

Der Mond läuft nicht um die Erde wie ein Kettenhund an der Kette um einen Pflock, sondern Erde und Mond laufen wie zwei angekettete Hunde um einen gemeinsamen Pflock. Dabei bilden die beiden Ketten eine gerade Linie. Die Erde entspricht einer Bulldogge an einer kurzen Kette, der Mond einem Pinscher an einer langen. Der Pflock ist an der Stelle des Schwerpunktes beider Köter. (Dieser Drehpunkt liegt beim System Erde-Mond innerhalb der Erde – 0,73 Erdradien vom Erdmittelpunkt entfernt.)

Nun wird der Mageninhalt der Bulldogge wie ein Schluck Wasser in der Kurve nach außen gedrückt. Die Zentrifugalkraft, die dies bewirkt, ist etwas größer als die Gravitationskraft des Pinschers, die den Mageninhalt in Richtung Pflock ziehen will. So entsteht eine Ausbeulung des Bulldoggenmagens auf der Kurvenaußenseite. Das ist der erste Flutberg.

Auf der Kurveninnenseite wird der Mageninhalt ebenfalls durch die Zentrifugalkraft nach außen gedrückt. Allerdings ist jetzt der Pinscher erheblich näher, und somit ist die anziehende Gravitationskraft größer als die nach außen wirkende Fliehkraft. Das Zusammenwirken dieser beiden Kräfte ergibt eine Kraft in Richtung des Pflocks. So entsteht der zweite Flutberg.

Da sich die Erde nun in 24 Stunden einmal um sich selbst dreht (hier versagt das Modell mit den zwei Hunden), bewegen sich die beiden Flutberge in 24 Stunden einmal um die Erde.Joseph Schraub, Neustadt

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