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Der UNO droht der Ausverkauf

■ Im Rahmen eines Entwicklungsprogramms sollen Unternehmen mit der UNO zusammenarbeiten. Doch die Kooperation dient zuerst den Wirtschaftsinteressen der Konzerne

Genf (taz) – Seit Anfang 1998 rührt UNO-Generalsekretär Kofi Annan die Trommel für eine „verstärkte Kooperation“ zwischen der UNO und privaten Wirtschaftsunternehmen. Zuletzt warb Annan beim Davoser Weltwirtschaftsforum Anfang Februar für einen „neuen Vertrag gemeinsamer Werte und Prinzipien“. Annan mahnte die Unternehmen, die im Rahmen der UNO entwickelten Werte und Standards für Arbeitsbedingungen, Menschenrechte und Umweltschutz einzuhalten.

Doch die praktische Umsetzung der Initiative Annans droht seine guten Absichten zu konterkarieren. Das UNO-Entwicklungsprogramm (UNDP ) hat seit Februar 1998 mindestens 30 transnationalen Unternehmen die Sponsorenschaft für ein „Globales Projekt für nachhaltige Entwicklung“ (GSDF) angeboten, das zuerst den wirtschaftlichen Interessen dieser Konzerne dient. Das geht aus internen Dokumenten aus dem New Yorker Büro von UNDP-Direktor James Gustave Speth sowie Aussagen leitender UNDP-Vertreter hervor, die der taz vorliegen.

Offizielles Ziel der GSDF-Initiative ist es, zwei Milliarden BewohnerInnen der südlichen Hemisphäre, die noch nicht am Weltmarkt partizipieren , „ bis zum Jahr 2.020 in diesen Markt zu integrieren“. So heißt es im Text , mit dem das UNDP Unternehmen als Sponsoren wirbt. Für die Sponsorensumme von 50.000 US-Dollar sollen die Firmen bei der Vermarktung ihrer Produkte und der Eroberung neuer Märkte das – bislang gesetzlich geschützte – UNDP-Logo benutzen können

Entsprechende Vereinbarungen traf das UNDP bereits mit elf Konzernen.Darunter sind Dow Chemicals, der britische Minenkonzern Rio Tinto, die Citibank – Konzerne, die wegen ihrer Politik in zahlreichen Ländern des Südens und den in ihren dortigen Filialen herrschenden Arbeitsbedingungen scharf kritisiert werden. Und das nicht nur von regierungsunabhängigen Organisationen, sondern - zumindest noch – auch von den für diese Themen zuständigen Sonderorganisationen des UNO-Systems, wie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf.

In dem Werbetext für potentielle Sponsoren betont das UNDP die „Vorteile einer Kooperation“ für die Firmen: „Mit Büros in 135 Staaten und Programmen in 174 Ländern ist das UNDP die größte operative Einheit des UNO-Systems . .... Durch Kooperation mit dem UNDP können Unternehmen wertvolle Einblicke in Verhältnisse und Prioritäten der Entwicklungsländer gewinnen. Diese Einblicke nützen, um Unternehmensstrategien und Produkte für diese Märkte zu entwickeln und das Unternehmerrisiko zu verringern. .... Die Teilnahme am GSDF sollten die Unternehmen als langfristige Investition für die Entwicklung von Märkten verstehen.“ Nach einem Memorandum von UNDP-Direktor Speth vom 15. Juni 1998 an die Leiter aller UNDP-Regionalbüros soll die GSDF-Initiative spätestens im Juni öffentlich lanciert werden .Andreas Zumach

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