: Immunschwache Aids-Station
■ Planungen von Gesundheitssenatorin Hübner gefährden bundesweit größte Aids-Station im Schöneberger Auguste-Viktoria-Krankenhaus, auch wenn direkt keine Betten gekürzt werden
Der jüngste Coup von Gesundheitssenatorin Beate Hübner (CDU) gefährdet die erfolgreiche Arbeit der Aids-Station im Auguste-Viktoria-Krankenhaus (AVK) in Schöneberg. „Uns wird die Basis für unsere Arbeit entzogen“, kritisierte gestern der zuständige Chefarzt Manfred L'Age. Die Aids- Hilfe befürchtet einen „großen Rückschlag“. Auch die grüne Bezirksbürgermeisterin Elisabeth Ziemer und der CDU-Gesundheitsstadtrat Bernd Krömer sehen die Gefahr, daß „die massiven Einschnitte, die Frau Hübner plant, eine Bedrohung für die international angesehene Aids-Abteilung“ (Ziemer) sind. Die Aids-Station des AVK ist mit insgesamt 56 Betten nicht nur die größte Abteilung dieser Art bundesweit, sondern sie hat auch Modellcharakter.
Kern des sogenannten Schöneberger Modells ist die enge Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen ÄrztInnen, Pflegediensten und dem Krankenhaus. „Stationäre Behandlung so kurz wie erforderlich, ambulant so lange wie vertretbar“, beschreibt L'Age das seit 1985 praktizierte Konzept. Dazu gehört auch die psychosoziale Betreuung der PatientInnen durch die Aids-Hilfe und die Beratung eines Sozialarbeiters im Krankenhaus. „Das ist eine bespielhafte Zusammenarbeit, wie sie immer wieder – auch jetzt von der neuen Gesundheitsministerin – gefordert wird“, so Armin Traute von der Aids-Hilfe. „Genau diese Zusammenarbeit wird jetzt aufs Spiel gesetzt.“
Wie bereits berichtet, soll nach den jüngsten Plänen Hübners das katholische Malteser-Krankenhaus nun doch nicht schließen, sondern mit seinen knapp hundert Betten für Geriatrie ins AVK umsiedeln. Im Gegenzug soll das AVK Betten abbauen. Konkret heißt das: Die Abteilung für Innere Medizin, zu der auch die Aids-Station gehört, soll von derzeit 314 auf 100 Betten reduziert werden. Würden davon wie bisher 50 Betten für Aids-Kranke bereitstehen, blieben lediglich 50 Betten für die internistische Basisversorgung, insbesondere für Herz-, Magen- und Darmkrankheiten. „Das ist der Zusammenbruch der internistischen Versorgung am AVK“, so L'Age.
Für die Aids-Station hat das zwei Konsequenzen: Zum einen braucht das Team von L'Age die Unterstützung der ÄrztInnen dieser Abteilungen. Zum zweiten wird es künftig mit diesen Stationen um Betten konkurrieren. „Wenn dann jemand mit einem Herzinfakt kommt, müssen wir ihn eben in ein Aids-Bett legen und den mit Magenbluten ins nächste“, so L'Age. Aids-Kranke müßten dann weitergeschickt werden. Direkt bedroht von der geplanten Umstrukturierung im AVK seien, so L'Age weiter, die acht Betten der sogenannten Intermediärstation für Aids-Kranke, die nicht mehr akut behandelt werden, aber auch noch nicht oder nicht mehr zu Hause betreut werden können.
Nur die Gesundheitssenatorin sieht das ganz anders. „Die Aids- Versorgung am AVK ist nicht gefährdet“, so ihr Sprecher Christoph Abele.
Die MitarbeiterInnen des AVK aber wollen heute um 14 Uhr während der Bezirksverordnetenversammlung im Rathaus Schöneberg demonstrieren, um auf die Situation ihres Krankenhauses aufmerksam zu machen. Die Aids- Hilfe und die ÖTV unterstützen die Demonstration. Sabine am Orde
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