Völker aller Länder votieren für Cannabis als Medizin

■ Je höher die Bildung, um so größer ist die Zustimmung der Bevölkerung für eine legale Anwendung zu therapeutischen Zwecken. In Alaska wurde der Anbau im März gesetzlich erlaubt

Die Wähler in Alaska, Oregon, Nevada und Washington votierten im November 1998 mit deutlichen Mehrheiten zwischen 55 und 59 Prozent für einen legalen Zugang zur therapeutischen Anwendung von Marihuana. In Alaska wurde das Ergebnis des Volksbegehrens bereits im März 1999 in Gesetzesform gegossen. Danach dürfen Patienten bis zu 28 Gramm Marihuana besitzen oder drei Hanfpflanzen für die medizinische Verwendung anbauen. Betroffene sollen einen entsprechenden Ausweis erhalten, der zum legalen Cannabisbesitz berechtigt.

Die vier Staaten folgen damit dem Beispiel von Kalifornien und Arizona aus dem Jahre 1996. Die Umsetzung der Gesetze gestaltete sich allerdings zu einem Machtkampf mit den Bundesbehörden. Besonders in Kalifornien gibt es weiterhin heftige Auseinandersetzungen, da die Bundesregierung und die Bundesgerichte kompromißlos auf dem Standpunkt stehen, Marihuana sei weiterhin in allen US-Staaten grundsätzlich illegal. „Ich denke nicht, daß irgend jemand, besonders nicht die Drogenbehörde, gedacht hat, daß alle Initiativen angenommen würden“, erklärte Dave Fratello, Sprecher der „Amerikaner für medizinische Rechte“, die die Kampagnen maßgeblich unterstützte. „Zuerst kam Kalifornien, und möglicherweise hielten viele Leute Kalifornien für anormal. Jetzt ist es der gesamte Westen, was überzeugend ist, aber es ist noch nicht der Mittelwesten.“ Colorado und Maine stünden als nächstes an, dann Massachusetts, Florida, Ohio, Illinois und Michigan. Vertreter der Behörde für Drogenpolitik im Weißen Haus beeilten sich zu erklären, sie seien von den Wahlergebnissen nicht beeindruckt. „Das macht uns nicht glauben, daß Marihuana eine sichere Substanz ist“, ließ Jim McDonough, Strategiedirektor des Amtes für die nationale Drogenkontrollpolitik, verlauten. Etwa 60 Prozent der Amerikaner befürworten nach einer Analyse der Zeitschrift der amerikanischen medizinischen Gesellschaft vom März 1998 eine Verschreibung von Marihuana an Schwerkranke.

In Kanada liegt die Rate noch höher. In der letzten repräsentativen Befragung vom Oktober 1997 sprachen sich über 80 Prozent von 1.500 befragten Erwachsenen für eine legale Verwendung zu therapeutischen Zwecken aus. Knapp über die Hälfte votierte für eine generelle Entkriminalisierung des Marihuanabesitzes; zehn Jahre zuvor waren es 39 Prozent gewesen. Je höher die Bildung, um so größer war die Quote der Zustimmung.

In Großbritannien sprachen sich 1997 45 Prozent der Befragten für die Möglichkeit einer medizinischen Verwendung von Cannabis aus, 80 Prozent der Befragten waren zumindest für eine Liberalisierung des jetzigen Rechts. Bemerkenswert ist auch eine Umfrage des Londoner Büros einer japanischen Tageszeitung unter 130 Abgeordneten des britischen Parlaments, wonach bei einer Aufhebung des Fraktionszwangs Cannabis mit einem Schlag für die arzneiliche Anwendung entkriminalisiert würde. 70 Prozent der befragten Parlamentarier waren für die Möglichkeit einer Verschreibung von Cannabis. Ende Februar ließ das Parlament eine entsprechende Gesetzesinitiative des Labour-Abgeordneten Paul Flynn zu, der aufgrund des Fraktionszwangs keine großen Chancen eingeräumt werden.

Auch in Kanada und den USA gibt es Unterstützung aus den Bundesparlamenten. Am 2. März 1999 stellte der demokratische Abgeordnete des US-Kongresses, Barney Frank, eine Gesetzesinitiative für die medizinische Verwendung von Marihuana vor. Der kanadische Gesundheitsminister Allan Rock erklärte einen Tag später, er ziehe eine kontrollierte Cannabisabgabe an Schwerkranke in Erwägung, noch bevor entsprechende klinische Studien, die nun durchgeführt werden sollten, abgeschlossen seien. Franjo Grotenhermen