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Supermärkte verzichten auf Gentech

■ Engländer sind Vorreiter, deutsche Ketten halten sich zurück

Berlin (taz) – Ein Zusammenschluß von europäischen Supermarktketten will künftig keine Produkte mehr unter eigenem Markennamen anbieten, die genmanipulierte Zutaten enthalten. Das gab das englische Unternehmen Sainsbury vorgestern bekannt. „Unsere Kunden haben uns deutlich gemacht, daß sie keine gentechnisch veränderten Zutaten wollen“, sagte ein Unternehmenssprecher. Man wolle so schnell wie möglich eine „entsprechende Garantie anbieten“.

Zu dem von Sainsbury initiierten Zusammenschluß gehören Superquinn (Irland), Migros (Schweiz), Carrefour (Frankreich), Delhaiz (Belgien) und Effelunga (Italien). Auch Spar Österreich hat bereits Gentech-Produkte größtenteils aus den Regalen genommen. Sainsbury folgte ähnlichen Beschlüssen der britischen Ketten Marks & Spencer und Iceland – dort denken laut der Zeitung Independent neun der zehn großen Supermarktketten daran, eigene Gentech-Produkte aus dem Verkehr zu ziehen. Die Umweltverbände Greenpeace und BUND forderten gestern deutsche Supermärkte auf, sich anzuschließen. „Deutschland droht zu einer Insel der Gentechnik in Europa zu werden“, sagt die Greenpeace-Expertin Barbara Kamradt. „Die meisten deutschen Nahrungsmittelhersteller verzichten bereits auf gentechnisch veränderte Rohstoffe.“ Handelsketten wie Aldi, Rewe und Tengelmann sollten ihre „starre Haltung“ aufgeben.

In Großbritannien sind die Supermärkte besonders durch die Pusztai-Studie in Bedrängnis geraten. Der ehemalige Forscher am Rowett-Research-Institut hatte seinen Job verloren, nachdem er seine unliebsamen Ergebnisse veröffentlicht hatte: Demnach litten Ratten, die mit genmanipulierten Kartoffeln gefüttert wurden, häufiger an Wachstumsstörungen und Immunschäden. Dies und die Entlassung Arpad Pusztais lösten eine hitzige Debatte aus.

Ironischerweise organisiert nun ausgerechnet Sainsbury die europaweite Kehrtwende. Vor drei Jahren hatte der Supermarkt noch stolz als erster Genfood angeboten: Püree aus den manipulierten Antimatsch-Tomaten. Außerdem besitzt der Mitinhaber Lord David Sainsbury, nebenbei Wissenschafts-Staatssekretär im Labour- Kabinett, auch noch eine Biotechfirma. Die hält ausgerechnet das Patent auf das eingeschleuste Regulator-Gen, von dem Pusztai vermutet, daß es die Krankheiten an seinen Versuchsratten ausgelöst haben könnte. Matthias Urbach

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