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Das lange Warten auf den leeren Bus

■ Bus, Bahn und Bike könnten eigentlich die idealen Verbündeten sein. Oft heißt es aber: Wir müssen leider draußen bleiben. Gut klappt es, wenn einzelnen Verkehrsbetriebe einfache und klare Bedingungen sc

Hardcore-Biker fahren Rad und sonst gar nichts. Für die Radtour oder die Geschäftsfahrt gibt's nur eins: Abfahrt direkt vor der Haustür. Das Fahrrad auf dem Autodach oder im Flieger zu transportieren – igittigitt! Allenfalls Busse und Bahnen sind zugelassen, aber nur im Notfall.

Dabei kann der öffentliche Personenverkehr ein echter Verbündeter der Radfahrer sein. Wer zum Beispiel in München wohnt und am Hauptbahnhof zur richtigen Zeit in die richtige S-Bahn einsteigt, ist in 40, 50 Minuten am Starnberger See oder Ammersee. Der unübersichtliche und gerade für Kinder gefährliche Stadtverkehr bleibt den Radausflügern so erspart. Bedauerlicherweise gehört der Radler mit seinem Bike in den öffentlichen Verkehrsmitteln vieler Städte nicht zu den gern gesehenen Fahrgästen. Und manchmal wird er einfach gar nicht reingelassen.

Beispiel Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS), der den Großraum von Köln und Bonn abdeckt. In seinen Beförderungsregelungen heißt es, „die Mitnahme von Fahrrädern ist grundsätzlich möglich, ein Anspruch besteht allerdings nicht“. Das hänge vom „individuellen Platzangebot“ ab, „im Einzelfall entscheidet das Fahrpersonal“. Und im übrigen haben die Berufspendler Vorrang, so daß in den VRS-Bahnen montags bis freitags Fahrräder nur von 9 bis 15.30 Uhr und dann erst wieder ab 18 Uhr zugelassen sind. Für die Busse gelten noch größere Einschränkungen.

Nur in wenigen Städten und Regionen geht's ungezwungener zu. Etwa in Bremen und neuerdings auch beim Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen. Dazu Jürgen Lemmermann von der Bremer Straßenbahn AG, die in der Hansestadt die Busse und Bahnen betreibt: „Man kann nicht alles reglementieren.“ Die BSAG gehe davon aus, daß „die Leute selbst in der Lage sind, das untereinander zu regeln“.

Wenn ein Radler sehe, daß es eng wird, müsse er halt der Klügere sein und draußen bleiben. Bei Platzproblemen komme zuerst der Rollstuhl, dann der Kinderwagen, dann erst das Fahrrad. Wortgefechte zwischen Bus- oder Straßenbahnfahrern und Radlern sollen schon mal vorgekommen sein, Handgemenge – wie in anderen Städten – noch nicht.

Kommunikationsfähigkeit und Kenntnisse über die jeweiligen Mitnahmebedingungen sind also unabdingbar. Bevor der Radler versucht, die U-Bahn zu entern, sollte er geklärt haben, ob Fahrräder grundsätzlich zugelassen sind (wenn ja, zu welchen Zeiten) und welches Zusatzticket zu lösen ist.

Auf all diese Fragen wird man allerdings vor Ort, an den Haltestellen, selten präzise Antworten bekommen. Selbst an den Fahrkartenautomaten muß zumeist gerätselt werden, ob für die Mitnahme des Fahrrades ein zweiter Einzelfahrschein, ein Kurzstrecken-, Kinder-, Hunde- oder ein Weiß-der-Geier-Ticket zu kaufen ist. Wer auf Nummer Sicher gehen will, muß die jeweilige Betreibergesellschaft anrufen. Etliche Verkehrsbetriebe sind zwar mittlerweile im Internet präsent, doch bei den dort angebotenen Informationen bleibt die Fahrradmitnahme seltsamerweise häufig ausgespart.

Die ansonsten so gescholtene Bahn AG ist in diesem Punkt ihrer Informationspolitik weniger zu kritisieren. Welche ihrer Züge Fahrräder mitnehmen, sagen zuerst einmal die ausgehängten Fahrpläne im Bahnhof, zu achten ist auf das Radsymbol. Auskunft geben auch die kostenlosen DB-Broschüren zur Fahrradmitnahme, das Internet (www.bahn.de) sowie die Radfahrer-Hotline (0180/ 3194194), die vom 1.3. bis zum 30.11. auf Draht ist.

Zugelassen sind Räder bei der Bahn AG in fast allen Nahverkehrszügen (aber aufgepaßt: nicht in jedem!), außerdem stehen die Interregios und einige Intercity- und Eurocity-Züge zur Verfügung. Das eigenhändige Einladen des Fahrrades ist auch hier selbstverständliche Pflicht (Preise siehe Kasten).

Doch, mit dem ÖPNV und den Zügen der Bahn AG kommen die Radfahrer durchaus weiter. Zwar nicht immer, aber unter Umständen öfter, als manchem Verkehrsbetrieb womöglich lieb ist.

heda

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