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Bühne frei für Nepper, Schlepper, Bauernfänger

■ Im Pfefferberg tagte der „Chance World Congress“ – Der größere Rest der Welt blieb weg

Weniger ist leer. Das, was von der Bundestagswahl-Sage „Chance 2000“ übrigblieb, konnte man sich am Samstag abend im Pfefferberg zu Gemüte führen. Dort tagte der „Chance World Congreß“, allerdings blieb der größte Teil der Welt zu Hause. Von einem Kongreß konnte auch keine Rede sein: Knapp hundert Leutchen deckten sich mit „Chance 2000“-Ansteckern und Flugblättern ein, die auf die Website der Bewegung hinwiesen, und starrten irritiert in Richtung Bühne, auf der nervöse Dilettanten ratlos zurückstarrten.

Immerhin sollten offiziell sowohl die „Chance 2000“-CD (unter anderen mit Fanta 4, Absolute Beginner, Die Sterne, Helge Schneider, Herbst in Peking), als auch das „Chance 2000“-Buch (zum Beispiel mit Beiträgen von Elfriede Jelinek, Rainald Goetz und Dietrich Kuhlbrodt) gefeiert werden. Beide Produkte waren vorrätig, ohne daß das Bühnengeschehen etwas damit zu tun gehabt hätte. Es war fest in der Hand von Neppern, Schleppern, Bauernfängern, für die sich unter anderen Umständen niemand interessieren würde.

„Ich bin nicht Christoph Schlingensief“, brachte der ebenso charisma- wie namenlose Moderator das Manko des Abends von Beginn an auf den Punkt. Hektisch und angetrunken führte er durch eine phantasielose Nummernrevue, auferstanden aus Schullandheim, Jugendzentrum und Proberaum. Gernegroßes EBM-Recycling und Gothic-Gerocke der schlimmsten Sorte von kleinen Unbekannten, denen man niemals mehr live begegnen möchte.

Muß man auch nicht, denn der einzige Kandidat von „Chance 2000“ zur Europawahl, dem natürlich noch fast alle Unterschriften zur Wahlzulassung fehlen, prophezeite zwischendurch die Selbstauflösung der Schlingensief-Partei in naher Zukunft. Angeblich, um nur noch Parties feiern zu wollen – hierfür ist aber noch viel zu lernen und zu kämpfen. Nicht anders war die kurze, ob so viel präsentierter Peinlichkeit in seinem Namen dann doch leicht verlegene Ansprache von Schlingensief selbst zu verstehen: „Es ist toll, daß so wenige da sind. Da können wir unter uns bleiben, uns in die Augen sehen und gegenseitig helfen.“

Ein erster Schritt wäre, die Pappnasen, die versuchen, uns in seinem Namen zu Tode zu langweilen, darüber aufzuklären, daß er nur Theater macht.

Der einzig gute Act des Abends – Gott 30, grober Scheiß und die Brandstifter – wies zu penetrant minimalistischem LoFi die Richtung, als er sang: „Wie so vieles, funktioniert auch dieses nur symbolisch“. Und siehe – blitzschnell war der Saal fast leer. Alexander Müller

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