: Flächentarifverträge bröckeln weiter
■ Jeder zehnte Metaller wird inzwischen nach Haustarif bezahlt
Frankfurt/Main (AP) – Die Tarifflucht in der Metallbranche läßt Arbeitgeberverband und Gewerkschaft um die Zukunft des Flächentarifvertrags fürchten. IG-Metall-Chef Klaus Zwickel kritisierte gestern in Frankfurt am Main, daß inzwischen für fast jeden zehnten der rund 3,4 Millionen Metaller ein Haustarifvertrag gelte. Insgesamt habe die Gewerkschaft 1.379 Firmentarifverträge abgeschlossen.
Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Werner Stumpfe, erklärte in Köln, der Verband sorge sich „mit der IG Metall um die Erosion des Flächentarifvertrages“. Zwickel warnte die Arbeitgeber vor einer „Atomisierung der Tarifpolitik“ und forderte sie auf, in den Verbänden zu bleiben. Für einen Arbeitgeber sei es sinnlos, aus dem Verband auszutreten, um künftig niedrigere Lohnkosten zu haben, warnte Zwickel. Materiell gebe es bei den Haustarifverträgen so gut wie nie Abweichungen vom Niveau des Flächentarifvertrages.
Nach Ansicht Stumpfes liegt die Ursache der Tarifflucht vor allem darin, daß die IG Metall den Unternehmen tarifvertragliche Konditionen aufzwinge, mit denen sie im internationalen Wettbewerb nicht zurechtkämen. „Die IG Metall muß gemeinsam mit uns dafür Sorge tragen, daß unsere Tarifverträge in den Unternehmen den Praxistest bestehen können.“ Dafür sei eine Flexibilisierung des Flächentarifvertrags unverzichtbar.
In der Tarifrunde 1999 habe die IG Metall um des kurzfristigen Erfolgs willen sämtliche Register gezogen, die ihr zur Verfügung standen. „Nun darf sie sich auch nicht darüber beklagen, daß manch ein Unternehmen nach neuen Wegen sucht, um dem Flächentarifvertrag zu entkommen,“ sagte der Gesamtmetall-Chef.
Stumpfe forderte, die Tarifpartner müßten „endlich damit beginnen, Tarifverträge in fairer Partnerschaft auszuhandeln“.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen