: Wie man Kakadus glücklich macht
Beim Petitionsausschuß gingen im vergangenen Jahr 2.367 Beschwerden ein. Absoluter Spitzenreiter sind Beschwerden über Sozialämter. Auch in skurrilen Einzelfällen wird der Ausschuß tätig ■ Von Barbara Bollwahn de Paez Casanova
Für viele Menschen sind sie die letzte Hoffnung: die 22 Mitglieder des Petitionsausschusses des Abgeordnetenhauses. Er wird angerufen, wenn es darum geht, eine Abschiebung zu verhindern, Wohngeld bewilligt zu bekommen, den Unterrichtsausfall an Schulen zu verringern, oder wenn der Krach aus dem Nachbarhaus nervt. Insgesamt 2.367 Bitten, Anregungen und Beschwerden gingen zwischen Januar 1998 und Februar dieses Jahres ein. 16 Prozent konnten positiv beschieden werden, bei 26 Prozent konnte der Ausschuß nicht helfen, bei 41 Prozent wurden zumindest hilfreiche Auskünfte erteilt.
Absoluter Spitzenreiter waren mit 231 Petitionen Beschwerden über Sozialämter. Meistens ging es um harte oder ungerechte Entscheidungen, lange Bearbeitungszeiten oder unfreundliche Behandlungen. Aber nur 81 Eingaben fanden eine positive Regelung. Oft macht sich der Ausschuß mit Vorortterminen ein eigenes Bild. Beim Sozialamt Spandau konnte aber aufgrund der baulichen Gegebenheiten und finanziellen Situation nicht viel bewirkt werden. Da war der Besuch eines Flüchtlingswohnheimes in Neukölln erfolgreicher. Nachdem ein Flüchtlingsverein auf die Essensversorgung aufmerksam gemacht hatte, wurden die Küchenzeiten zugunsten der Bewohner verändert.
Auch Strafgefangene machen von ihrem Beschwerderecht Gebrauch. Die insgesamt 194 Eingaben betrafen hauptsächlich den geschlossenen Vollzug. Nur 13 konnten positiv beschieden werden. Das liege, so der Ausschuß, „an der schwierigen Abwägung zwischen dem Anspruch auf Resozialisierung und dem Schutz der Gesellschaft vor Straften“ .
Der Ausschußvorsitzende Reinhard Roß (SPD) zieht trotzdem ein positives Fazit: „Wenn wir eingreifen, werden Ermessensvorschriften plötzlich anders ausgelegt.“ Weil der Ausschuß keinen direkten Einfluß auf die Exekutive nehmen kann, sind auch diesem Gremium Grenzen gesetzt. Bei Petitionen, die beispielsweise Abschiebungen betreffen, lobt Roß zwar die gute Zusammenarbeit mit der Innenverwaltung. Zugleich betont er, daß man derlei Anliegen „nicht übertreiben darf“.
Ärglich findet Roß Fälle, in denen der Ausschuß eingreifen muß, weil „ein Amtsmensch sein Herz nicht entdeckt“. So geschehen im Juni vergangenen Jahres. Eine Frau hatte von einem inzwischen verstorbenen Bekannten einen 15 Jahre alten Molukkenkakadu zur Pflege überlassen bekommen. Weil sie die legale Einfuhr nicht nachweisen konnte, zog das Bezirksamt das Tier ein, versprach aber einen Überlassungsvertrag zur Pflege. Schweren Herzens besuchte die Frau den Kakadu fast täglich im Zoo. und mußte mit ansehen, „wie auch der Vogel ganz erheblich unter der Trennung litt“. Als sie erfuhr, daß ihr der Vogel doch nicht überlassen werden sollte, wandte sie sich an den Petitionsausschuß. Ergebnis: Der Kakadu bleibt Landeseigentum , sie darf ihn aber zu Hause pflegen. Als Dank brachte sie dem Ausschuß ein aktuelles Bild ihres Lieblings. „Bei genauem Hinsehen hatte man den Eindruck, daß ein Lächeln seinen Schnabel umspielte“, freuten sich die Mitglieder.
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