: Wieder hinten anstellen
■ Darf man einfach über Schwule Witze machen? „Elmi“ Hörig beim SWF 3 jedenfalls nicht mehr
Eine Jugend in Süddeutschland ist kein Spaß: Weit sind die Wege – mit dem Mofa – und öde die Wochenenden. Vielleicht hatte der Sender SWF 3 deshalb so einen Erfolg, als er vor 19 Jahren den frechen Moderator Elmar Hörig ins Rennen schickte. Millionen von 14jährigen warteten Sonntagnachmittags auf „Elmis Radio Show in Farbe und in Stereow“ – moderiert von ihm, dem Radiogott. Unvergessen, wie sich „der Elmi“ über das Wort „Wanderbaustelle“ in einer Meldung kaputtlachte. Großartig seine Jingles, die Schwachsinnshoroskope und die Abenteuer des Käpten Mac Dotter mit der ewigen Schlußfrage: „Ei Dotter, was passiert nu?“
Nix mehr, soviel steht fest. Elmi wurde von SWR 3, so heißt der Sender nach der Fusion von Südwestfunk (SWF) und Süddeutschem Rundfunk (SDR), gefeuert. Einfach so. Das Fernsehen ist dem Radiomann zum Verhängnis geworden. Bei der Aufzeichnung seiner öden Sat.1-Show „Bube, Dame, Hörig“ hatte er erwähnt, Männer zwischen 40 und 50 (Elmi ist 49) hätten „noch Leben in der Hose“. Aus dem Dunkel des Studios, wo eine Schulklasse saß, rief es „zeigen, zeigen!“ und Hörig konterte: „Komm runter, du kleine Ische, ich zeig's dir.“ So wurde der coole Elmi plötzlich zum miesen „Schmuddel-Hörig“ (Bild), mußte sich entschuldigen, nachdem eine minderjährige Schülerin von „massiver sexueller Belästigung“ gesprochen hatte, und immer wieder erklären, daß die Show sowieso im Sommer auslaufe und nicht wegen der „Ische“ gekippt wurde.
Ungünstig nur, daß Hörig schon vorher im Radio zu Adenauers 123. Geburtstag sieben Sekunden einer Hitler-Rede hatte laufen lassen. Dumm auch, daß er noch drauflegte und über den neuen Tarif der Bahn für homosexuelle Paare frotzelte, jetzt bekomme der Satz „Bitte hinten anstellen“ eine ganz neue Bedeutung. Nach einem Gespräch mit SWR-3-Chef Gerold Hug und Hörfunkdirektor Bernhard Hermann lag letzten Montag die fristlose Kündigung auf dem Tisch. „Ich kann nicht zulassen, daß SWR 3 durch die Entgleisungen eines einzelnen Moderators in der Schmuddelecke landet und damit der ganze Sender beschädigt wird“, sagte Hermann. Hug fand, Hörig habe „die unterste Schublade der Schwulenwitze gezogen“.
In diese Schublade möchte sich Hörig, Sohn eines Bundeswehroffiziers, katholischer Internatsschüler und gelernter Pädagoge, aber nicht stecken lassen. Schon nach der Ermordung von Walter Sedlmayr hatte er einen Sketch über das „Schwulanerbräu“ gesendet – ungestraft. „Ich bin kein Kinderpopper“, sagt er auch jetzt. „Bewußt“ habe er nur Klischees bedient und provoziert. Verbreitung von Nazi-Propaganda werde ihm vorgeworfen, dabei sage er immer, „daß der Hitler nur ein Ei hatte und Bettnässer war!“ Hörig schimpft auf die „Macht der Rundfunkräte“ in Stuttgart, die er „Sesselfurzer“ nennt. Sie hätten einfach „die Spielregeln geändert, und jetzt haben die meine Rübe“. Angst gehe seit der Fusion um, das Programm werde schlechter. Er bekomme Solidaritätsfaxe von Kollegen, die jetzt um ihren Spielraum fürchteten.
Hörig will „gnadenlos“ sein „Recht einfordern“ und eine Abfindung erstreiten. Und dann? „Surfen“, nach Spanien. Doch ein Rentnerleben ist ihm ein Graus. Für die, „die alleine sind“, sei er immer dagewesen, sagt der Radiomann enttäuscht. 19 Jahre lang. An Weihnachten, Ostern, allen Feiertagen. Jetzt ist er selbst allein und „die einzige Welle, auf der ich noch zu hören bin, ist die Brandungswelle“. Und SWR 3, so steht es in Tausenden Protestbriefen verzweifelter 14jähriger, soll ohne Elmi zur Hölle fahren. Matthias Thieme
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