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Schützenhilfe für Minister Schily

■ Der Staatsbürgerrechtsexperte Kay Hailbronner hält die umstrittene Optionslösung für verfassungsgemäß. Nur Details seien noch unstimmig

Karlsruhe (taz) – Innenminister Otto Schily hat für die umstrittene Optionslösung Schützenhilfe von dem führenden Experten zum deutschen Staatsbürgerschaftsrecht bekommen. Nach Ansicht des Konstanzer Rechtsprofessors Kay Hailbronner sprechen weder das Verfassungs- noch das Europarecht grundsätzlich gegen Schilys Entwurf. Allerdings seien Teile der Neuregelung unstimmig, sagte Hailbronner am Dienstag vor Journalisten in Karlsruhe.

Damit stellte sich Hailbronner gegen Kritiker von Union und Grünen. So hatten der CDU-Fraktionsvize Rüttgers und Grünen- Sprecherin Röstel Probleme mit dem Grundgesetz gesehen, wenn Kinder von Ausländern, die seit Geburt den deutschen Paß haben, diesen unter Umständen verlieren sollen. Die Hauptangriffspunkte: Eine Staatsbürgerschaft zweiter Klasse lasse das Grundgesetz sowenig zu wie einen Entzug der Staatsangehörigkeit.

Die „Optionsstaatsangehörigkeit“ sei keine Staatsbürgerschaft minderen Rechts und kein Paß auf Zeit, so Hailbronner. Die Entscheidung für die deutsche Staatsangehörigkeit werde lediglich bis zur Volljährigkeit hinausgeschoben, mit dem Ergebnis, daß den deutschen Paß mit 23 Jahren verliere, wer sich nicht dafür entscheide oder seine alte Staatszugehörigkeit nicht aufgeben wolle. In der Zwischenzeit aber hätten die Bürger die gleichen Rechte und Pflichten wie andere auch.

Komplizierter wurde die Argumentation zu Artikel 16 Grundgesetz, der den Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit verbietet. Hailbronner stellte klar, daß ein „Verlust“ der Staatsangehörigkeit sehr wohl möglich ist. Zum „Entzug“ wird er nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erst, wenn der Betroffene die Entscheidung nicht vermeiden oder beeinflussen könne. Das sei aber nach dem Entwurf gerade nicht der Fall. Denn auch dann, wenn der Antragsteller aus seiner alten Staatsangehörigkeit nicht entlassen werde oder wenn dieses Verfahren unzumutbar sei, könne er Deutscher bleiben. Der Entwurf sieht für diese Fälle eine „Beibehaltungsgenehmigung“ vor. Hailbronner sieht das als ausreichend an, um Härtefälle aufzufangen.

Nicht mit der Verfassung vereinbar ist nach Hailbronners Ansicht hingegen ein Punkt, bei dem das Innenministerium aber bereits Nachbesserungen angekündigt hat: Wer mit 23 Jahren ein Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren noch nicht abgeschlossen hat, verliert nach jetzigem Stand die Staatsbürgerschaft. Das lasse sich mit dem Recht auf effektiven Rechtsschutz nicht vereinbaren, befand Hailbronner.

Unabhängig von verfassungsrechtlichen Fragen kritisierte Hailbronner, teilweise fehle es dem Entwurf an „Systemgerechtigkeit“. Es sei nicht einzusehen, warum die Kinder von Optionsdeutschen die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen und behalten sollen, während sie ihre Eltern möglicherweise verlieren. Er regte an, für diese Fälle über „Verlusttatbestände“ nachzudenken, etwa bei dauerhaftem Wohnsitz im Ausland. Auf die Frage, ob dann nicht doch wieder eine Staatsangehörigkeit zweiter Klasse vorliege, gestand er zu, daß man bei solchen Überlegungen eine „verfassungsrechtliche Gratwanderung“ vornehme. Allerdings plädierte er für Offenheit: „Wir befinden uns in einer völligen Neukonzeption des Staatsbürgerschaftsrechts, in der wir über unser Bild der deutschen Staatsangehörigkeit neu nachdenken müssen.“ Gudula Geuther

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