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Bonn hofft auf Erfolg „nach einer gewissen Zeit“

■ Die Deutschen in Makedonien stehen im Kampf gegen Milošević mit an vorderster Front

Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) hat Forderungen einiger Unionspolitiker nach einem Abzug der in Makedonien stationierten Bundeswehrsoldaten zurückgewiesen. Ein solcher Schritt würde Deutschland „innerhalb der Nato und Europas singularisieren und damit auch isolieren“, erklärte der Minister vor Journalisten in Bonn. Sein Vorgänger Volker Rühe (CDU) hat die allerdings auch in der Union umstrittene Ansicht vertreten, nach der Evakuierung der OSZE- Beobachter im Kosovo und dem Scheitern der Verhandlungen von Rambouillet gebe es keinen Grund mehr, die Nato-Truppen in Makedonien zu belassen.

Scharping zeigte sich dagegen zuversichtlich, daß es doch noch zu einem Friedensabkommen für das Kosovo kommen wird und daß Nato-Luftschläge den jugoslawischen Präsidenten Milošević zum Einlenken bewegen können: „Die Wirkung militärischer Maßnahmen“ werde sich „nach einer gewissen Zeit einstellen“. Wie lange es genau dauern werde, lasse sich allerdings nicht kalkulieren. Die Schwierigkeit bestehe darin, daß man es in Belgrad nicht nur mit einem diktatorischen und irrationalen Regime, „sondern auch mit einem extrem hohen Maß an Gewaltbereitschaft“ zu tun habe.

Der Verteidigungsminister betonte zugleich, daß keine Bundestagsfraktion am Mandat für die in Makedonien stationierten deutschen Bodentruppen etwas ändern wolle. Der bestehende Auftrag erlaubt die Grenzüberschreitung in das Kosovo nur mit Zustimmung aller Konfliktparteien, jedoch nicht für Kampfeinsätze. Die Sicherheitslage in Makedonien wird vom Verteidigungsministerium als „ruhig und stabil mit Risikopotential“ beschrieben. Nach Nato-Luftschlägen gegen Jugoslawien seien die dort stationierten Bodentruppen des Militärbündnisses „verschiedenen potentiellen Bedrohungen“ ausgesetzt, unter anderem durch mögliche Aktionen des serbischen Sicherheitsdienstes oder paramilitärischer serbischer Einheiten.

Im Kosovo selbst hat Jugoslawien in den letzten Wochen nach Angaben des deutschen Verteidigungsministeriums sowohl die Personalstärke seiner Streitkräfte als auch die Zahl der polizeilichen Sicherheitskräfte aufgestockt und plant weitere Truppenverlegungen in die Region. Allein in den Grenzgebieten zu Albanien und Makedonien seien etwa 2.500 Soldaten stationiert. Nach Einschätzung der Hardthöhe könnte die Regierung in Belgrad UÇK-Stellungen im Kosovo zwar innerhalb einiger Wochen abräumen, die Region mit dem gegenwärtigen Truppenbestand vor Ort aber nicht dauerhaft kontrollieren.

Als unausweichlich sah gestern der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Günter Verheugen, Nato- Militärschläge an. Ähnlich äußerte sich sein Kollege Ludger Volmer von Bündnis 90/Die Grünen, der jahrelang einer der profiliertesten Gegner von Militäreinsätzen gewesen ist. Gestern jedoch erklärte er, es gebe dazu derzeit keine Alternative: „Solange mitten in Europa Figuren wie Slobodan Milošević aktiv sind, der nicht einmal zivilisatorische Mindeststandards einhält, ist dies die Ultima ratio.“ Bettina Gaus, Bonn

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