: Polizei verhaftet "Kalif von Köln"
■ Dem islamischen Fundamentalisten Metin Kaplan wird Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. In der Türkei soll er ein Attentat geplant haben
Karlsruhe/Ankara (AFP) – Der als „Kalif von Köln“ bekannte islamische Fundamentalist Metin Kaplan ist am Donnerstag festgenommen worden. Wie die Bundesanwaltschaft mitteilte, wurde der 46jährige in Köln von Beamten des Bundeskriminalamtes, der Bundesgrenzschutzsondereinheit GSG 9 und der Polizei gestellt. Gegen Kaplan, den Chef des fundamentalistischen Verbandes „Kalifatsstaat“, liegt ein Haftbefehl vor. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung und öffentliches Auffordern zu einer Straftat vor. Ob die Türkei nun die Auslieferung Kaplans beantragen wird, blieb zunächst offen. Die türkische Justiz beschuldigt ihn, zum türkischen Nationalfeiertag Ende Oktober in Ankara ein Attentat geplant zu haben.
Kaplan wird von der Bundesanwaltschaft beschuldigt, innerhalb des Verbandes eine terroristische Vereinigung aufgebaut zu haben, „um Kritiker und Abweichler auszuschalten sowie fanatische Anhänger zu Anschlägen in der Türkei anzuleiten“. Die Ermittlungen richteten sich nicht gegen den religiösen Verband als solchen, sondern gegen „dessen mutmaßlich terroristische Führungsspitze“, hieß es. Kaplan übernahm demnach 1995 das Kalifenamt seines gestorbenen Vaters. Mit einem Rivalen lieferte er sich bald einen erbitterten Machtkampf, der Mitte 1996 eskalierte. Kaplan habe daraufhin eine offizielle Todesdrohung gegen seinen Rivalen Halil Ibrahim Sofu ausgesprochen, der im Mai 1997 in Berlin erschossen wurde.
Seit Mai vergangenen Jahres rief Kaplan laut Bundesanwaltschaft seine Anhänger zum Dschihad, zum „Heiligen Krieg“, auf, „um das Marionettenregime in der Türkei“ zu stürzen und dort den Kalifatsstaat zu errichten. Diese Kampagne habe mehrere seiner Anhänger veranlaßt, in die Türkei zu reisen und für den 29. Oktober 1998, den 75. Jahrestag der Gründung der türkischen Republik, Anschläge auf das Atatürk-Mausoleum in Ankara und die Fatih-Moschee in Istanbul vorzubereiten. Die türkischen Behörden hatten die Anschläge vereitelt, mehrere Tatverdächtige festgenommen und vor Gericht gestellt.
Im türkischen Justizministerium hieß es, Ankara werde zunächst eine offizielle Mitteilung der deutschen Behörden über die Verhaftung Kaplans abwarten und dann über einen Auslieferungsantrag entscheiden. Die türkischen Behörden hatten nach den vereitelten Anschlägen zwar die Auslieferung Kaplans verlangt, zugleich aber signalisiert, daß sich Ankara auch mit einem Prozeß gegen den „Kalifen“ in Deutschland zufriedengeben würde.
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