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„Die Streber sind nicht schlauer“

■ Erste Bremer Hauptschulen machen Sozialtraining „fit for life“ für Jugendliche / Coaching für die harte Lehrstellensuche

Die „labern da nur“, findet Paul Hohenäcker. Im Stuhlkreis ging's um „Körperhaltung“. „Ich sitz' nun mal mit verschränkten Armen da“, sagt Paul, „und die sagen gleich, das wär 'ne verschlossene Haltung“. Sich öffnen? Anders mit Konflikten umgehen? „Wie denn, wenn alle andern weiter prügeln?“, fragt sich der 16jährige Hauptschüler, während sein Klassenkollege Heiko Jaeger aus der zehnten Klasse vorsichtig sagt: „Das Ganze macht schon Spaß. Aber vielleicht sind wir dafür auch schon zu alt“.

Bilanz der ersten Stunden eines völlig neuen Trainingsprogramms, das derzeit in drei Bremer Hauptschulen startet: „Fit for life“ heißt das Training, das lehrstellensuchende Jugendliche sozial „fit“ machen soll für den Arbeitsmarkt. Das Zentrum für Rehabilitationsforschung an der Bremer Uni hat das „Sozialtraining“ konzipiert und erdacht – und bereits in Berufsvorbereitungskursen Erfahrungen gesammelt: Rund 40 Jugendliche wurden dort schon „trainiert“. „Denken die, wir sind blöd im Hirn?“, lautete auch da das erste Statement zum Start – Monate später fanden's viele „klasse“, so der „trainierte“ Franklin Norlin.

Diese positiven Vorbilanzen haben einige Hauptschulen aufhorchen lassen. Schließlich sitzt dort die eigentliche Zielgruppe des Programms: Die laut Fachjargon genannten „sozial benachteiligten Jugendlichen“ – „verhaltensauffällig“ und „mit totalen Problemen, selbständig zu arbeiten“, beschreibt eine Klassenlehrerin von der Pestalozzistraße. „Wie halte ich durch?“, „Wie höre ich zu?“ – all diese fehlenden „sozialen Kompetenzen“ sollen nun trainiert werden, erklärt Projektleiter Gert Jugert von der Bremer Uni – per Trainingsmodulen wie „Konzentration und Ausdauer“ oder „Umgehen mit Lob, Kritik und Mißerfolg“.

Das mit d Senatskanzleichefer „Körperspra-che“ war schon „interessant“, findet der 17jährige Heiko Jaeger aus der Pestalozzistraße – „weil man das ja auch bei Bewerbungsge-sprächen oder so gebrauchen kann“. Aber das haben die zwei Hauptschüler eigentlich schon hinter sich: Schließlich haben sie schon eine Lehrstelle als Maler und Lackierer im Kasten. Und dafür hätten sie ja auch bei den vielen Bewerbungsinformationen in der Schule und den Praktika mitgemacht.

Denn die Hauptschüler aus der Pestalozzistraße durchlaufen ohnehin schon drei Betriebspraktika und profitieren vom 10.Klasse-Projekt, bei dem draußen Projekte mit Berufsberatern vom Arbeitsamt und mit Schulpsychologen sowie Firmen laufen. „Ich kann was, ich bin was, ich schaff was“ sollen die Jugendlichen dabei erfahren. Beziehungsarbeit statt reiner Wissensvermittlung steht deshalb als oberstes Schulziel an. „Deshalb paßt das Sozialtraining auch so gut in unser Schulkonzept“, sagt Lehrerin Renate Drögemüller. Nicht nur die vielleicht schon etwas alten Zehntklässler, sondern auch die achten Klassen würden trainiert, 18 LehrerInnen lassen sich außerdem als SozialtrainerInnen fortbilden. Und die Universität überprüft dann empirisch mit Vergleichsklassen die Wirkung des sozialen Trainingsprogramms.

Bislang schaffen bei schlechter Konjunkturlage um die 20 Prozent der Hauptschüler den Sprung in den Arbeitsmarkt, berichten die Lehrer aus Gröpelingen. Sie wollen jetzt verstärkt die Arbeitgeber und Firmen kontaktieren – und ihnen die Augen öffnen, weil sie „mit komischen Erwartungshaltungen und uralten Einstellungstests“ agierten. Die „Streber vom Gymnasium“ sind gar nicht viel schlauer, findet denn auch Hauptschüler Paul Hohenäcker. „Wir bauen nur einfach mehr Scheiß“, meint er. Das mit dem Prügeln passiert eben, „weil wir uns nicht so viel gefallen lassen“, sagt der 16jährige, „wir sind eben viel empfindlicher“. kat

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