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Erstmals Rente für Strahlentod im AKW

■ Gericht spricht der Witwe eines AKW-Arbeiters Recht auf Zahlung zu

Neuruppin (dpa) – Erstmals hat ein Gericht in Deutschland eine tödliche Strahlenbelastung als Grund für eine Rentenzahlung anerkannt. Das Sozialgericht in Neuruppin hat am Freitag einer 46jährigen Frau aus Rheinsberg eine Hinterbliebenenrente zugesprochen, weil ihr Mann nach erhöhter Strahlenbelastung im Kernkraftwerk Rheinsberg den Krebstod starb. Die Kammer sei überzeugt, daß die chronische Leukämie (Blutkrebs) des Mannes auf die Arbeit in den Kernkraftwerken Rheinsberg und Greifswald zurückzuführen sei, sagte die Vorsitzende Richterin in ihrer Urteilsbegründung.

Der Mann war 48jährig Ende 1996 gestorben. Mit dem Urteil hat ein fünfjähriges Verfahren mit der zuständigen Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik in Köln ein vorläufiges Ende gefunden. Nach Angaben der Berufsgenossenschaft geht es um mehrere hundert Mark monatlich für die Witwe aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Eine Berufung gegen das Urteil werde man prüfen. Dem Ausgang des Verfahrens war eine bundesweite Bedeutung beigemessen worden.

Die Kammer stützte sich bei der Begründung auf mehrere Sachverständigengutachten, die bei dem Mann eine „erhebliche“ Belastung über der normalen Strahlenbelastung des Menschen ausgemacht hatten. Ärzte hatten festgestellt, daß er „unter allen Fingernägeln“ Spuren von Radioaktivität hatte. Man habe keine weiteren beruflichen und privaten Gründe erkennen können, die die Erkrankung begünstigt hätten, hieß es.

Zeitungsberichten zufolge soll es auch in Rheinsberg in den 70er Jahren mehrere kleinere Störfälle gegeben haben. Der stärkste sei 1975 mit Stufe 2 gemessen worden, als eine Rohrleitung im Reaktor defekt war und der Reaktor vorübergehend abgeschaltet wurde. Beim Reaktorunglück in Tschernobyl wurde die Stufe 7 eingeschätzt.

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