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Die Reißwolf-Runde vor dem Staatsanwalt

■ PUA Filz: Strafanzeige gegen frühere BAGS-Staatsrätin wegen Falschaussage. Ex-Senatorin Fischer-Menzel wird erneut verhört

Die Vernehmungen vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuß (PUA) Filz führen jetzt zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Gegen die Ex-Staatsrätin der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS), Wilma Simon, will die CDU-Fraktion Strafanzeige erstatten. Es bestehe der Verdacht der „uneidlichen Falschaussage“, begründete die Obfrau der Union im PUA, Antje Blumen-thal, dieses massive Vorgehen.

Neben Simon, seit drei Jahren SPD-Finanzministerin in Brandenburg, erstreckt sich die Anzeige auch auf zwei Spitzenbeamte der BAGS: Joachim Meyer (SPD), stellvertretender Leiter des Amtes für Arbeit und Sozialordnung, und Jürgen Allemeyer, Leiter des Geschäftsbereichs Personalmanagement und Controlling. Alle drei sollen falsche oder unvollständige Aussagen im Fall des SPD-Politikers Michael Pape gemacht haben.

Pape hatte Anfang der 90er Jahre als Geschäftsführer des Beschäftigungsträgers Altonaer Jugendarbeit (aja) von der BAGS und dem Arbeitsamt bezahlte ABM-Kräfte zur Sanierung zweier Privathäuser eingesetzt. Am Freitag hatte die damalige Leiterin der Betriebswirtschaftlichen Abteilung der BAGS, Christine Hädelt, vor dem PUA schwere Vorwürfe erhoben. Ein von ihr verfaßter 44seitiger Prüfbericht über Papes Zuwendungsbetrug sei in einer Sitzung der Behördenleitung am 16. Juni 1994 zum „Non-Paper“ erklärt worden und mußte vernichtet werden (taz berichtete vorgestern). An dieser Runde hätten die inzwischen zurückgetretene Senatorin Helgrit Fischer-Menzel (SPD), Simon, Meyer und Allemeyer teilgenommen. Eine dem Reißwolf entgangene Kopie von Hädelts Bericht liegt dem PUA vor.

Die SPD- und GAL-Mitglieder des PUA beschlossen gestern, eine Sondersitzung am Freitag nächster Woche einzuberufen. Dann sollen die Teilnehmer jener Reißwolf-Runde, also Fischer-Menzel, Simon, Meyer und Allemeyer, zum „Non-Paper“ verhört werden. Dabei wird es vermutlich zu einer Premiere kommen: Der PUA-Vorsitzende Günter Frank (SPD) erwägt sehr ernsthaft die förmliche Vereidigung der Zeugen.

Derweil schwelt zwischen dem Untersuchungsausschuß und dem Hamburger Senat ein Streit um die Offenlegung von Akten des Vereins „Die Flottneser“, die in engem Zusammenhang mit der Pape-Affäre stehen. Dabei schlagen die Abgeordneten harsche Töne an: Ultimativ und einstimmig verlangen sie vom Senat bis zum 8. April ausführliche und erschöpfende Auskunft. Denn der PUA zweifelt nachhaltig daran, daß die ihm zugestellten Flottneser-Akten vollständig sind. Insbesondere vermißt das Gremium bestimmte Unterlagen der betriebswirtschaftlichen Prüfabteilung. Außerdem wollen die Abgeordneten wissen, ob die vorgelegten unvollständigen Akten zufällig von einem Sachbearbeiter zusammengestellt wurden, der Anfang der 90er Jahre für behördliche Zahlungen an „Die Flottneser“ zuständig war.

Mit anderen Worten: Der PUA hegt den Verdacht, daß ausgerechnet ein möglicher Zeuge oder gar Beschuldigter darüber befunden hat, welche Unterlagen dem Untersuchungsausschuß zugänglich gemacht werden. Sven-Michael Veit

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