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SPD und Grüne stehen vor Zerreißproben

■ In der SPD wächst der Widerstand gegen den Krieg. Die Grünen fürchten Spaltung

Bonn (AP/AFP/dpa) – Sowohl bei den Grünen als auch bei der SPD wächst der Widerstand gegen eine unbegrenzte Fortsetzung der Nato-Luftangriffe auf Jugoslawien. Vertreter des linken Parteiflügels der Sozialdemokraten plädierten über die Osterfeiertage für eine Einstellung der Nato-Operation und neue diplomatische Initiativen. Einzelne Grüne sehen ihre Partei weiterhin vor einer Zerreißprobe und befürchten sogar eine Spaltung.

SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer forderte das „unverzügliche“ Ende der Nato-Angriffe. Vizefraktionschef Michael Müller sagte der Welt am Sonntag: „Wenn wir in Jugoslawien alles kaputtschießen, können wir keinen Frieden erzeugen.“ Er schlug vor, die osteuropäischen Staaten in Verhandlungen einzubeziehen.

Scheer forderte eine Debatte über die Luftangriffe auf dem SPD-Parteitag am 12. April in Bonn. Das SPD-Vorstandsmitglied Benjamin Mikfeld sagte, die Parteilinke diskutiere, ob sie einen Antrag auf Einstellung der Angriffe stellen soll. Inzwischen stehe die Hälfte der Basis den Nato-Einsätzen kritisch gegenüber. „Die SPD steht in dem Dilemma, einerseits Regierungspartei zu sein und anderseits eine eigene Meinung zu dem Thema zu haben“, sagte Mikfeld. Der linksgerichtete „Frankfurter Kreis“ in der SPD wolle am Vorabend des Parteitags eine öffentliche Diskussion mit Experten aus dem In- und Ausland zur Kosovo-Krise abhalten.

Führende Grüne sehen ihre Partei auch nach der Einberufung eines Sonderparteitages zum Kosovo-Krieg weiter in der Zerreißprobe. Der Sprecher der nordrhein-westfälischen Landtagsfraktion, Roland Appel, befürchtete sogar eine Spaltung der Grünen. Er sprach gar von einem möglichen Ende der Partei. Appel sagte dem Kölner Express, die Grünen führten die Auseinandersetzung „stellvertretend für alle“. Es gehe zudem nicht mehr darum, die Luftschläge zu stoppen. Appel: „Wir sind längst auf der Rutschbahn zu Bodeneinsätzen. Die müssen wir auf jeden Fall verhindern.“

Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Beer, sagte, es sei „tragisch, daß wir jetzt als Regierungspartei dem Einsatz zustimmen mußten, weil die Politik der Vorgänger keinen anderen Ausweg mehr zuließ“. Doch die Grünen hätten die Zerreißprobe schon einmal bestanden, als es um den Einsatz in Bosnien ging. Das werde ihnen auch jetzt beim Sonderparteitag gelingen. Bundesgeschäftsführer Bütikofer rechnet damit, „daß der Sonderparteitag den Kosovo-Kurs der Bundesregierung und von Bundesaußenminister Fischer unterstützen wird“.

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