: Das Feuer darf nicht erlöschen
■ Mit einem stark verjüngten Team und einer Prise Pathos will Eishockey-Bundestrainer Hans Zach bei der B-WM die erste Etappe auf dem Weg zur Rückkehr in die Erstklassigkeit bewältigen
München (dpa/taz) – „Begeisterung und Leistungsbereitschaft der Jungen sind mir wichtiger als die Verdienste der Alten“, sagt Bundestrainer Hans Zach, der der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft für die B-Weltmeisterschaft in Dänemark eine radikale Verjüngungskur verpaßt hat. Zum Auftakt des neuntägigen Turniers trifft das deutsche Team morgen um 19 Uhr auf Ungarn. Elf WM- Neulinge und acht Spieler unter 25 Jahren holte Zach nach den Testspielen gegen Kasachstan ins endgültige 23er Aufgebot. Die 1:4-Schlappe gegen den Olympia- Viertelfinalisten am Ostermontag in Duisburg paßte dem 50jährigen Coach ins Konzept: „Jetzt wissen wir wenigstens, was uns in Dänemark erwartet.“ Zumindest ungefähr.
„Über unsere Gegner weiß ich nichts“, mußte Zach gestern vor dem Abflug in die dänische Hauptstadt zugeben. Der Absturz in die internationale Zweitklassigkeit konfrontiert das DFB-Team mit Kontrahenten, die man früher nicht mal als Freundschaftsspielgegner für tauglich befand. Die letzte Partie gegen Ungarn liegt über dreißig Jahre zurück, gegen Slowenien wurde erst einmal und gegen Kasachstan zweimal gespielt; Dänemark und Estland fehlen in der Länderspielbilanz. Großbritannien (10 Spiele) und Polen (48) vervollständigen das Achter-Feld. Die im vorigen November in Ljubljana abgestiegene DEB-Auswahl muß in Dänemark unter die ersten drei kommen, um sich die Teilnahme an einem der beiden Qualifikationsturniere für die A-WM im kommenden Jahr in St. Petersburg zu sichern. Der DEB bewirbt sich um die Ausrichtung eines Qualifikationsturniers.
„Wir treten mit einem guten Team an und werden die kampfstärkste Mannschaft haben“, sagte Zach vor dem ersten B-WM- Auftritt einer deutschen Mannschaft seit 1975 im japanischen Sapporo. Selbst eine Rückkehr in die A-Gruppe werde aber am internationalen Stellenwert nichts ändern. „Wir bleiben zweitklassig, auch wenn wir aufsteigen“, betonte der Nachfolger des Kanadiers George Kingston im Bundestraineramt. In Dänemark nutzt Zach die Gelegenheit, jungen Talenten wie Rosenheims Torhüter Robert Müller, mit 18 Jahren der Jüngste im DEB-Team, Turniererfahrung zu vermitteln. Der zwei Jahre ältere Schlußmann Conti (Augsburg) wurde gestern ebenso aus dem endgültigen Aufgebot gestrichen wie die Verteidiger Brüggemann (Krefeld) und Wieland (Landshut) sowie die Stürmer Paepke (Köln), Dolak (Kassel) und Loth (Feldkirch/Österreich). Mannheims Verteidiger Lukes sagte wegen einer Schulterverletzung ab.
Von der letztjährigen A-WM in der Schweiz blieben nur noch der neue Kapitän Jürgen Rumrich, der 34jährige Senior Mark MacKay, Lars Brüggemann, Rainer Zerwesz und Sven Felski übrig. Der langjährige Spielführer Didi Hegen fehlt nach seinem Rücktritt, Rekord-Nationaltorwart Peppi Heiß steht nur noch im Notfall bereit, und für Routiniers wie Peter Draisaitl, Brad Bergen oder Daniel Nowak ist das Kapitel Nationalmannschaft beendet. Der Verband unterstützt das Konzept des Bundestrainers. „Wir gehen volles Risiko, und die Trainer haben unser Vertrauen“, sagt DEB-Sportdirektor Franz Reindl, „wenn wir nicht gut genug sind, müssen wir das akzeptieren.“
Anfang Februar beim Suisse- Cup in Chur bewiesen die DEB- Talente mit Siegen gegen die A-Teams aus Italien und der Slowakei, daß sie trotz Unterbeschäftigung in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) besser sind als ihr Ruf. „Wir haben auch diesmal die richtige Mischung beisammen. Das sind alles sehr ehrgeizige Spieler“, sprach MacKay den Jungen sein Vertrauen aus. „Alle haben ihre Leistung gebracht und konnten mithalten“, lobte auch Zach nach den Tests gegen Kasachstan das Engagement und die Begeisterung der Nachwuchsspieler. „Wir werden auf jeden Fall die kampfstärkste Mannschaft bei der WM haben“, glaubt der Bundestrainer und macht zu guter Letzt auch vor pathetischen Parolen nicht halt: „Bis zum 17. April darf das Feuer nicht erlöschen.“
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